Es darf gemotzt werden

und zwar über das Englische. Oder dessen Nutzung.

Inhalt dieses leider bildfreien Beitrags:

1. Über den Ärger mit dem Englischen für jeden Schmarrn.
2. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst: warum moderne Begriffe scheinbar alternativlos sind, weil sie nicht übersetzt werden können.
3. Anmerkungen über Englisch als Lingua Franka – globale Gebrauchssprache.

1.
Handlettering, was für ein Wort! Da meint man, schon alles gesehen zu haben, doch Neuglisch schleicht sich überall ein. Was soll das Wort aus Hand und Brief – hand und letter -, das ich in einer E-Mail gelesen habe, bedeuten? Nachschauen im Netz ergab, es handelt sich irgendwie um die gute alte Kalligraphie, das Schönschreiben. Aber trifft es das wirklich? Ist Handlettering Kalligraphie oder etwas anderes, das man mit einem neuen Namen belegen sollte? Es scheint zu beinhalten, schöne und ansprechende Buchstaben zu schreiben, in verschiedenen Stilen, für Karten, als Überschriften. Nicht unbedingt für längere Texte. Der Begriff Schriftmalerei wird in einem Blog vorgeschlagen, das endlich gefällt mir. Im Prinzip geht es um aufmerksames und künstlerisches Schreiben mit der Hand, im Gegensatz zum krakeln. Und im Gegensatz zum Tippen und Ausdrucken.

Englisch muss immer für alles herhalten, das ist nichts Neues, ärgert mich aber, weil ich die Vielfalt der Sprache an sich mag, ohne dass sie zwanghaft für alles „Neue“, oder „Andere“ herhalten muss, weil sich niemand Gedanken macht oder man immer noch meint, ohne englischen Namen zieht keine Idee.

2.
Das ist im Allgemeinen das „Problem“ mit der Übersetzung englischer Begriffe aus z.B. dem Informationsbereich. Oft schleicht sich dieses Gefühl des Nicht Passenden ein, als gäbe es keine eindeutige Übersetzung und nur das englische Wort würde perfekt zu der benannten Sache passen. Es kann jedoch einfach ein Fall des „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ sein. Etwas Neues wird benannt und schon wirkt das Wort wie die ideale Ergänzung zur Sache.
Die Medien-, Computer-, Informationszeitaltersprache ist, eben, neu. Praktischerweise nahm man alte Worte und drückte ihnen einen neuen Stempel auf. Ein Beispiel sind Internetbrowser wie Firefox oder Internet Explorer (englische Eigennamen; oder den von den Norwegern benannten Browser Opera). Browser scheint ein neu geprägtes Wort zu sein, abgeleitet von to browse, rumstöbern. Wie übersetzt man nun Browser exakt? Gar nicht, denn ein Ungetüm käme heraus, wie Stöberer, Herumsucher, Flanierer. Mehr als zwei Silben, nicht so gut. Wäre jedoch eines dieser Worte zuerst auf der Landkarte erschienen, würde die halbe Welt heute vielleicht Flanieren oder im Netzgestöber untergehen ;-).

3. Wahrscheinlich würde es nichts mit der anderssprachigen Bezeichnung, denn die Lingua Franca des halben 20. und des bisherigen 21. Jahrhunderts ist nun einmal Englisch. Es ist nicht die erste und wird nicht die letzte Lingua Franca* sein.

*Die Benennung bezieht sich auf einen konkreten Fall: im Mittelalter war die Lingua Franka, die „Fränkische Sprache“ eine Mischung aus Italienisch, Französisch, Spanisch und Arabisch und wurde im östlichen Mittelmeer zur Verständigung zwischen Handelpartnern eingesetzt.

Latein, Spanisch, Niederdeutsch, Griechisch, Arabisch, Quechua im Inkareich – jede Epoche besaß und besitzt zahlreiche Linguae Francae (oder so in der Mehrzahl). Heute ist Englisch eindeutig die bekannteste Lingua Franca. Doch auch Spanisch, Französisch, Russisch, Chinesisch sind in manchen Regionen die nützliche Verkehrssprache. Dazu die Pidgin genannten Mischungen aus Sprachen. Der Status Lingua Franka bedeutet, dass Menschen die Sprache kaum als Muttersprache erwerben, sondern meist später lernen. Nicht unbedingt um in einem der Kernländer der Sprache zu leben, sondern um irgendwo verstanden zu werden. Meist für Handelszwecke und Geschäfte aller Art. In Ländern mit zahlreichen „einheimischen“ Sprachen, die durch z.B. willkürliche Grenzziehung von Kolonialherrschern entstanden sind, ist es eine nützliche Sprache, die allen Völkergruppen von früh an zur Verfügung steht, wenn es auch nicht gesagt ist, dass sie für alle Sprechenden auch den Rang einer Muttersprache inne hat.

Zur Abgrenzung: Kreolische Sprachen sind Mischsprachen, die den Sprung zur Muttersprache geschafft haben, sie wird also automatisch weitergegeben. Denn das ist das Schicksal jeder Lingua Franka. Wenn sie für die Nutzenden keinen Vorteil mehr hat, wird sie schulterzuckend aufgegeben und nur noch Muttersprachler oder wirklich an der Sprache interessierte Personen werden sie noch benutzen.

Man könnte glauben, durch die globale Kommunikation hat Englisch einen Anspruch auf dauerhafte Verwendung erworben – es war zur richtigen Zeit am richtigen Sprach-Ort. Kann sein. Kommunikation hat sich durch die nun zur Verfügung stehenden Mittel in kurzer Zeit derartig verändert, ein Beispiel ist ein Wiedererstarken von Bildzeichen, den Emojis, dass man keine Prognosen abgeben kann. Es gibt keinen sprachlichen Endstand.