Schnipsel 6

Auch wenn nichts passiert, passiert einiges.

schau genau

Kleingedrucktes lesen und Winziges sehen bereitet immer mehr Schwierigkeiten (Fettgedrucktes lese ich aus Figurgründen nicht). Deshalb werden im Internet für kleines Geld zwei Vergrößerungsgläser erstanden. Eines wird in der Nähe unseres Posters: Länder und Hauptstädte der Welt platziert, weil die Hauptstädte nur in etwa 6 Punkt geschrieben sind und damit unentzifferbar. Wie soll man sich da für die vielen Quizsendungen bilden. Das andere wird seinen Platz neben dem Sofa finden.

Das Neueste aus Coronaland

Wir befinden uns in den letzten 10 Tagen des britischen Lockdowns, ab 2. oder 3. Dezember gehen die einzelnen Regionen wieder in die gestuften Einschränkungen über. Leider wird Plymouth bestimmt nicht wieder in Stufe 1 kommen, die entspannteste, da sprechen die Zahlen eine andere Sprache.

Mit bislang fast 75.000 Menschen landesweiter Übersterblichkeit wäre das zu frühe Aufgeben des Aufpassens so, als wäre man kurz vor dem Ende eines Marathons und kehrte dann um, um die gleiche Strecke wieder zurückzulaufen: mehr Anstrengung und für garantiert gar nichts. Nicht mal für eine Anstecknadel würde das reichen.
Diese Übersterblichkeit steht dafür, dass so viele Menschen gestorben sind, als hätte das Jahr 13,5 Monate anstatt 12.

Dennoch gute Nachrichten allüberall, Impfstoffe werden geprüft, viele Millionen Dosen unterschiedlichster Hersteller und Herstellungsweisen sind schon gekauft, der Gesundheitsminister gab heute eine Art Fahrplan bekannt: Weihnachten ist noch ausgeklammert, da dort eine Regelung mit Schottland, Wales und Nordirland gefunden werden soll, und ein harter Winter kommt sowieso, aber!!!!! ab Ostern 2021 könnte und sollte sich das Leben langsam wieder normalisieren können. Einfach der Gedanke, es könnte einen Fahrplan geben, weil man PLANEN kann, weil es weniger Unbekannte, weniger xxxx-e in der Gleichung gibt, erfreut.

Dann kann auch der Brexit kommen, der kommt sowieso … Sogar die USA sind noch nicht in einem Bürgerkrieg versunken. Ich weiß, ich weiß: die Ansprüche an das Niveau des Weltgeschehens sind in den letzten 4-5 Jahren stark gesunken …

Wassersport

Nach einer 10-tägigen Zwangspause aufgrund eines Schnupfens heute wieder ins Wasser gestiegen: Hurra, es ist nicht so abgekühlt (dürften so 14 Grad sein), dass man sich entwöhnt hätte. Wie meist, ich war nicht alleine am “Strand”. Schwimmen ist dieses Jahr sehr populär geworden, es ist zugänglich und erfordert keine Reisen. Auch die Wild Schwimmenden haben Zuwachs erfahren. Das ist ein Verein mit zwei Filialen: Wild Swimming Cornwall und Wild Swimming Devon, der es sich auf die Fahne geschrieben hat, wildes Schwimmen zu propagieren.

Was bedeutet wildes Schwimmen? Klingt gefährlich, oder? Und leicht illegal und subversiv. Die Wirklichkeit ist nüchterner: Einfach das, was in Deutschland als “Schwimmen gehen” bezeichnet wird. Dort präzisiert man noch mit: ich geh an den Abtsdorfer See oder ins Ainringer Bad. Auf Englisch bedeutet es nur: nicht im Pool, sondern anderswo. Das ist schon wild.

Am Plymouther Sound sieht man manchmal Leute mit Wild Swimming T-Shirts oder Badekappen, sonst würde das nicht auffallen. Da habe ich mal nachgelesen: Vor 10 Jahren von einer Schwimmenthusiastin, die schon mehrere Ärmelkanalüberquerungen hinter sich hat, gegründet, soll der Verein Menschen die Scheu vor dem ersten Mal nehmen bzw. schwimmende Menschen zusammenbringen. Es gibt 1000e Mitglieder.

Für den Winter gibt es ein extra Schmankerl, um am Ball bzw. im Wasser zu bleiben: die Eisbär-Herausforderung. Es ist kein Wettbewerb, am Ende winkt nur eine Geschafft-Medaille. Es gibt verschiedene Stufen zwischen “Klassisch” und “Arktisch”, es geht darum, wie oft man pro Monat ins (Süß- oder Salz-) Wasser und wie weit man insgesamt geschwommen sein muss. Das alles nur im Badeanzug. Wer es sich im Wasser gemütlich machen möchte, wird ein Pinguin, dann darf man auch einen Nasstauchendenanzug tragen. Für besonders Eifrige ist die “Yedi” Kategorie, hier muss man auch ein paar Mal in besonders kaltem Wasser schwimmen, bis 5 Grad herunter. Das geht in Südengland nicht, dafür muss man nach Schottland hinauf, dieses Jahr … wer weiß, wann das legalerweise möglich sein wird. Egal also, wie lange ich schwimmen werde, ich werde nicht alleine bleiben …

Schnipsel 5

L wie Lockdown

Kein Tag ohne wichtige Nachrichten. Dieses Mal der Hinweis, England bekommt einen neuen Lockdown. Nicht gerade unerwartet, denn wenn die Regierung etwas verneint in dieser Pandemie, passiert es früher oder später sowieso und dieses Mal ab Donnerstag. Man hat eingesehen, dass nach 6 Wochen Experimentiererei mit dem Dreistufensystem bei gleichzeitig relativ niedriger Testkapazität und einem Rückverfolgungssystem, das von Anfang an erwiesenermaßen überhaupt nicht funktioniert hat (warum, ist mir unbekannt), zu drastischen Maßnahmen gegriffen werden muss. Sehr schade, ein vom wissenschaftlichen Beirat vorgeschlagener Minilockdown Anfang Oktober wäre besser gewesen, doch wer weiß, wie lange ein solcher die Zahlen nach unten gedrückt hätte. Die Welt befindet sich immer noch auf dünnem Eis, es gibt keine einfachen Lösungen und Auf und Ab ist vorprogrammiert.
Keine Reisen mehr, keine privaten Treffen, es sei denn, man teilt sich die Kindererziehung. Schulen bleiben offen. Es gibt keine Gottesdienste mit Publikum mehr, nur Übertragungen aus Kirchen sind gestattet. In Konsequenz der erneuten Stillstand der Glockengeläute.

Wollen wir hoffen, der neue Lockdown nützt. Alles andere wäre auch schlecht.
Auf der positiven Seite gibt es einen neuen Schnelltest (12 Minuten!), der offiziell anderkannt ist und wirklich gut sein soll und in einer großen Drogeriekette zu haben ist. Kleiner Knackpunkt: er kostet stolze 120 Pfund! Für Reisen in Länder, die einen frischen Negativbefund verlangen, ergäbe das Sinn, im Moment dürfte sich mangels Reisemöglichkeiten die Nachfrage jedoch in Grenzen halten.

U wie U-Boot

Ein Seiteneffekt der Herbststürme, die die Küste beuteln, ist die weiterhin milde Temperatur, die auch das Meer am Abkühlen hindert. Nach tagelanger Badepause wegen dieser Stürme ein überraschendes Bild: der Wellengang ist überschaubar. Man steckt halt nicht drin im Meeresgeschehen. Wie die Immunabwehr ist es komplex.

Erst kürzlich lernte ich, Plymouth ist immer noch der größe U-Boot-Hafen Großbritanniens, habe aber noch nie eines gesehen. Vielleicht landen sie eher nachts? Bei einem U-Boot ist die Tageszeit auch schon egal.
Heute nun lief eines vor meinen Augen ein. Musste die Schwimmbrille abnehmen, um meinen Augen trauen zu können. Fantastisch! Ich habe offenbar die Entwicklung verschlafen. Früher – in Filmen – sahen U-Boote anders aus, irgendwie eckiger. Dieses wirkte wie einer dieser rundlichen Belugawale mit einem Turm auf dem Rücken.

Sonntagmorgen ist die lustigste Zeit zum Schwimmen. Dann kommen sie alle: die Einzelnen, die ernsthaft Sportelnden, die Freundespaare, die eine Thermoskanne dabei haben für den wöchentlichen Ratsch post-Wasser und die Gruppen, die mit ein bisschen Hu und Ha und Ju und Ja gut gelaunt in die Wellen tauchen. Mit ihren Schwimmbojen bilden sie kleine neonbunte Schwärme. Das authentische Riviera-Gefühl;-)