es regnet Kunst – und Wasser

Der Herbst bringt uns etwas, was die Statistik lange versprochen hat, im letzten halben Jahr aber kaum vorkam: es regnet. Ernsthaft und ausdauernd. Wechselweise Sintflut von oben oder flüssiger Nebel waagrecht. Beides tränkt in Minuten. Gerade rechtzeitig hatte ich eine Regenhose gekauft, eine Regenjacke alleine genügt nicht, das Wasser kommt aus allen Richtungen. Zwischendrin stürmt es. Das bläst das Gehirn durch.

Es fällt auf, dass die Temperaturen kaum gefallen sind. Ich laufe in Sandalen herum. Und bade ab und zu im Plymouth Sound. Am Ende der Saison, mit den perfekten Wassertemperaturen, komme nicht nur ich aus den Puschen und genieße den ANDEREN Blick. Die Welt sieht vom Wasser aus sofort anders aus. Da reichen 10, 20 m rausschwimmen.

Abgesehen vom Wetter ist die Stadt nach der Ferienpause aufgewacht. Die Studis sind zurück. Das ist das Auffälligste. Aus einer verschlafenen Sommerstadt mit ein paar Touris ist ein wuselndes Etwas geworden. Wenn man auf seinen und ihren Wegen den Uni-Bereich durchläuft, der bislang dösend in der Sonne lag, muss man nun Menschen ausweichen! In der Erstsemesterwoche gab es Dauer-Action. An T-Shirts erkennbare Studis aus höheren Semestern standen mit Wegweisern herum, Grüppchen bildeten sich und man hörte im Vorbeigehen Dialoge wie: ja, mein Name ist soundso und wie heißt du noch mal? Tut mir Leid, ich kann mir die vielen Namen noch gar nicht merken.

Die Erstsemesterwoche (Fresherweek, also Frischstudiswoche) ist ganz schön aufwendig. Es werden Poster in allen Größen verkauft – für die kahle Studibude – und sogar Topfpflanzen! Unigruppen wie Kletternde oder Kampfsportarten oder Musik veranstalten auf dem Gelände Demos, um InteressentInnen zu finden.
Derweil werden auf dem Hoe (die Landspitze vor dem Sund, die gute Stube von Plymouth) in einem riesigen Zelt die Altstudis gruppenweise verabschiedet. Mit Dr. Faust Mantel und Hut;-) Dieses schwarze Anziehzeug, das man eher aus amerikanischen Kleinstadtfilmen kennt.

Plymouth hat eine große und lebendige Kunstszene. Das Kunstcollege, gerade in den Rang einer Uni erhoben, spuckt jedes Jahr Hunderte von AbsolventInnen aus und zugezogene Kunstschaffende gibt es natürlich auch. Der ganze Südwesten, man denke an Cornwall, wimmelt natürlich von KünstlerInnen. Da ist alles dabei, von PensionärInnen, die ihren Traum, Seestücke zu malen -und gar nicht schlechte-, erfüllen, Töpfereien, Wolldesign, Glaskunst. Und so weiter. In der Stadt sammeln sich eher interaktive Kunstschaffende wie Stückeschreiber, Kunst im Öffentlichen Raum, Rückeroberung desselben, Stadtviertel wieder Aufpolierer, Comicmachende. Bei den wiedersprüchlichen Botschaften aus der Politik wegen der Finanzierung öffentlicher Projekte, inklusive sozialer Projekte, damit Viertel wieder lebenswert werden, ganz schön mutig und innovativ, sich darauf einzulassen. Die Qualität scheint sehr hoch zu sein.
Dieses Wochenende war z.B. der Plymouth Art Weekender (d.h. Plymouth Kunst Wochenende mit einem Wortspiel am Ende). Weekend verwandelt sich durch das “er” am Ende in Weekender, das ist jemand, der das Wochenende zum Ferienmachen nutzt; oder eine Anspielung auf “bender”, das wäre, wenn jemand zu viel Alkohol konsumiert. Das macht man, wenn man auf einen bender geht, was in Britannien schon mal vorkommen soll.
Hier ist gemeint, Kunst im Übermaß zu konsumieren, was natürlich eine gute Sache ist;-) Und macht keinen dicken Schädel.
Obwohl, Kunst kann gefährlich sein, sie könnte ja zum Denken anregen.

Ich habe zwei Veranstaltungen besucht. Wenn die anderen genauso gut waren, ist es fürwahr ein ausgezeichnetes Kunstfestival.

Playground at sunrise

Ich bin früh aufgestanden, das ist nichts Neues, doch ich bin auf einen Spielplatz gegangen, das ist neu. Dort hat Elena Brake uns zur Morgendämmerung um 6.42 Uhr eingeladen. “Spielplatz bei Sonnenaufgang” eben. Eine einfache Idee. Wir warten mit ihr auf den Sonnenaufgang um 7.20 Uhr. Derweil können wir den Ort, kinderleer um die Zeit, nach Lust und Laune erkunden. Was man als Erwachsene ja nicht unbedingt tut. Jetzt kann man endlich mal einen modernen Spielplatz ausprobieren. Die Zeiten, wo Spielplätze ein Schild hatten: über 14 Jahre verboten, scheinen auch vorbei zu sein. Diese Spielgeräte halten locker mehrere 100 Kilo aus …

Zur Orientierung: im Hintergrund, in der Mitte der ganz kleine Turm, das ist der Leuchtturm am Hoe.

Die Aktion war einfach und bestechend: man konnte seinen spielplatzbezogenen Erinnerungen nachhängen und spielen. Das hat Freude gemacht.
Auf der regennassen Rutsche, die kaum länger als ich war, war Bremsen unmöglich. Die Rutschen sind auf leichtere Körper ausgelegt. Habe ich mir gleich die Daumen geprellt. Wird aber schon wieder. Ich sags doch, Kunst ist gefährlich – sie regt zum Denken an und man kann sich den Daumen prellen.

Die Künstlerin Elena Brake kenne ich vom Läuten. Zu solchen Aktionen findet man oft nur, wenn man jemanden kennt. Man sollte sich aber einfach trauen, mal so etwas Neues auszuprobieren.

Fish in Blender

Klassischer war das 20 Minuten Stück: Fisch im Mixer. Von liveanimals theatre.

Vor dem Spielort draußen (das Bild oben ist von einer Pressevorschau) stand ein Mann mit einem Fischkopf und dem zweiseitigen Plakat, das man im Hintergrund auf dem Foto sieht. Auf der einen Seite steht Fish in Blender, auf der anderen Seite jedoch: not about Brexit. Es geht nicht um Brexit. Da wusste man, dass es genau darum gehen würde. Natürlich nicht direkt. Es ging um den Fisch auf dem Tisch in dem Mixer. Die beiden Schauspieler waren pro und contra, den Fisch im Mixer zu pürieren oder eben nicht. Haben sich Argumente, Scheinargumente, Gefühle, Musik um die Ohren geworfen. Politisches Theater vom feinsten, witzig und nachdenklich machend.
Zum Schluss durften wir, das Publikum, entscheiden. Nachdem wir mit allem Möglichen geködert worden waren, uns für eine Seite zu entscheiden. Kurz gesagt: der (Plastik-) Fisch überlebte. Was das für Brexit heißen würde, wird dadurch nicht klarer;-) wie im richtigen Leben.

Küstenhüpferei

Zum Verfolgen auf einer Karte – speziell für Vattern.

Plymouth, Tamar-Brücke nach Saltash, West Looe, Bodinnick – Fähre nach Fowey (dort Auto stehen lassen), Personenfähre nach Mevagissey. Rückweg von Fowey nicht über Looe, sondern direkt auf die A38.

Das Adlerauge bemerkt: 2 Fähren, eine mit Auto, eine zu Fuß. Und auch, dass wir in Cornwall sind … in lauschigen, touristischen, malerischen Dörfern. Mit unserem ersten englischen Gast. Damit es nicht zu Missverständnissen führt: nicht unser erster Gast in Plymouth (das auch …), sondern ein Schachkumpel von K. aus dem Norden, unser erster englischer Übernachtungsgast überhaupt.

Bootsfahrthäuschen in Fowey.

Any old lights (“Wurscht, welche Lampe” ironischer Geschäftsname) in Fowey. Ein Laden, der sich auf die Wiederherstellung von Lampen bzw. das Schaffen von Lampen aus maritimen und anderen Resten spezialisiert hat. Schade, dass wir grade keine Lampen brauchen.

Berühmte Bewohnerin

Fowey war die Wahlheimat von Daphne du Maurier. Die mit Rebecca … Und auch, weniger bekannt, die mit Die Vögel. Hitchcock hat gleich zweimal bei ihren Geschichten zugeschlagen. Im Dorf steht als Leihgabe diese Skulptur einer Krähe – und eines Buches. Deshalb heißt die Skulptur Rook with a Book, Krähe mit Buch, reimt sich auf Englisch, nicht auf Deutsch:

Fährenfahrt

Die Fähre nach Mevagissey überwindet keine Flussmündung, sondern ist eine traumhafte 40-minütige Bootsfahrt entlang der cornischen Küste.

Badestrand von Fowey (leider keine Zeit zum Baden).

Gleich daneben eine alte Burg.

Die spitzen Kaolinabraumhalden um St. Austell herum sehen aus wie Vulkuan-Filmattrappen für vorhistorische Dramen.

Im Hafen von Mevagissey, s.o., kann man ein kleines Aquarium besuchen, das die Fische vor der Haustür zeigt. Darunter auch Aale, die großen Krabben und kleine harmlose Haie.

Apropos Krabben: es ist Krabbensaison! Deshalb habe ich mir an einem Stand ein Krabbenfleischsandwich geholt. Es würde das bis dato teuerste Sandwich meines Lebens werden: 9 Pfund für ein zusammengeklapptes Toastbrot! Krabben sind immer gefragter auf dem Weltmarkt, wurde mir erklärt, deshalb sind die Preise hoch gegangen. Es war schon was Besonderes und hat auch angenehm satt gemacht, aber …
Mein bisher teuerstes belegtes Brot – nicht Sandwich – habe ich in Bonn nach einem Tanztheaterbesuch ca. 2012 gegessen. Ein besonderer dicker spanischer Schinken (nicht Serrano, viel besondererer) auf einem herzhaften Brot. Ich weiß nicht mehr, was es gekostet hat, es war teuer, doch es war das beste belegte Brot meines Lebens. Einfach nur gut. D.h. man kann auch beim bescheidenen Butterbrot mal gerne Risiken eingehen.

Die wahre Geschichte von den schwimmenden Kindern

In Fowey gibt es eine Autofähre nach Bodinnick und eine Passagierfähre nach Polruan. In Polruan gibt es keine Sekundarschule, die Kinder müssen nach Fowey kommen. Doch was tun ohne Brücke? Die Fähre darf von Kindern nur in Begleitung von Erwachsenen benutzt werden, doch es gibt eine Möglichkeit, sich die eigenständige Fährfahrt zu verdienen: Jedes Jahr schwimmen die 10-11 Jährigen von Polruan nach Fowey und zurück. Etwa ein knapper km. An dem Tag oder den Tagen richten sich alle Schiffe, auch die Fähre nach Mevagissey, nach den Schwimmenden und setzen ihre Fahrzeiten so, dass niemand gefährdet wird.

Nach Wissen des Bootsführers, der uns das erzählt hat, hat sich noch kein Kind davor gedrückt oder es nicht geschafft. Man kann davon ausgehen, dass die Kinder von Polruan fit sind, und das ist eine gute Nachricht.

 

 

Skizzen aus Stockholm II

Wo waren wir stehen geblieben? Bestimmt beim Geld;-) Großer Schock als wir im ersten Bistro – der Brasserie in der Oper – nach dem Mittagessen nur mit Karte bezahlen konnten. Seit einem Jahr nimmt das Etablissement kein Bargeld mehr an. Und so ging es weiter: etliche Restaurants oder auch Ufercafés oder Geschäfte nehmen kein Bargeld mehr. So modern ist Schweden. Ab da haben wir immer gefragt, ob Bargeld akzeptiert wird, denn wir hatten welches gezogen. Im Nachhinein wundert es nicht, dass wir nach Bankomaten suchen mussten …
Supermärkte nehmen noch Bargeld, immerhin. Da ich keine Kreditkarte besitze, fühlte ich mich sehr unselbstständig, bis ich ausprobierte, mit der englischen Debitkarte zu bezahlen. Das funktioniert reibungslos. Ab da würde ich sagen: bargeldlos – kann man sich dran gewöhnen.

Hier nehmen sie Bargeld: Alle, die schwedische Krimis lesen, kennen die Szenen, in denen jemand Alkohol im Systembolaget kauft. Warum? Weil der Staat ein Alkoholmonopol besitzt. Schanklizenzen haben nur Hotels etc., keine Läden. Alkohol ist teuer, doch im Bolaget (das bedeutet Gesellschaft, ein juristischer Terminus) waren die Preise ganz in Ordnung.

Museen

Bei schlechtem Wetter käme in Stockholm keine Langeweile auf. Es gibt Museen für alles. Spritmuseum, Abbamuseum, Nobelmuseum, Schlösser, Fernöstliche Sammlungen, Wikingermuseum, Moderne Kunst. Alte Kunst. Ganz alte Kunst. Auf Englisch würde man sagen: you name it, they’ve got it. Frei übersetzt: wünsch dir was und sie haben es.

Da das Wetter hervorragend war, folgten wir persönlichen Vorlieben bei einer kleinen Museumsauswahl. Bei mir war es das Nationalmuseum, gleich neben dem Hotel. Kostet kein Eintritt, weil vom Volk für das Volk, es ist ein schönes 19. Jahrhundert Gebäude, in dem es alles zu sehen gibt von Rembrandts bis zu Ericsson Telefonen aus den 90igern = schwedisches Design. Dazwischen moderner Kunstschmuck und altes Glas. Eine Schatzkammer sondergleichen. Bilder von Rembrandts gibt es überall auf der Welt verteilt. Telefone auch. Deshalb zeigen meine Fotos die modernen Leuchten im 100 Jahre alten Treppenhaus und einen modernen Kronleuchter im Café. Der wurde mittels Glaselementen gefertigt, die mehrere berühmte Schwedische GlasdesignerInnen extra dafür und das Museum angefertigt haben.

Wir haben das Vasamuseum besucht. Das fast 400 Jahre alte Schiff, das bei der Jungfernfahrt wegen on oben (König …) erzwungener Falschbauweise sank, weil er auf einmal ein Stockwerk mehr haben wollte, ist 98% original zu besichtigen. Ein bemerkenswertes Haus. Besonderes Faktum: das Schiff hielt sich im Brackwasser vor Stockholm, da zu wenig salzreich für den Schiffsbohrwurm (der eigentlich eine Bohrschnecke ist). Sonst wäre es schon weg gewesen, bevor es 1961 gehoben wurde. Um das Schiff an der Luft ebenso zu erhalten, wurde das Wasser im Holz durch eine Glycollösung ersetzt. Es war nötig, die Vasa 17 Jahre !! lang mit der Lösung zu besprühen. Eine Menge Arbeit ging in dieses nationale Denkmal, viel Forschung und ein langer Atem. Dennoch ist unklar, wie lange sie halten wird. Deshalb der Toptipp: hinfahren, selber anschauen.

Kleinste Freilichtstatue der Stadt, der Mondgucker, bei der finnischen Kirche. 15 cm hoch. Vom Künstler Liss Eriksson.

Noch einmal nach oben

Das Stadthaus ist der Ort, u.a., der Nobelbankette. Man kann auf den Turm steigen, das kann ich mir nicht entgehen lassen.

Turmblicke.

Was noch

Lauschige Ecken in der Stadt.

Typisch – Container und Baustellen. An allen Ecken und Enden wird restauriert und neu gebaut. Häuser, Brücken, Straßen. Stockholm wächst um 100 Menschen pro Tag! Das bringt selbst die effiziente und menschenfreundliche Siedlungsplanung der Skandinavier an ihre Grenzen. Menschenfreundlich? Wir sind durch Stadtsiedlungen aus mehreren Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten gelaufen, man könnte sich überall vorstellen, dort wohnen zu wollen.

Eine Brücke mit Krone und dem nettesten der vielen (Jugend)Herbergsschiffe der Stadt an das Ende gestellt.

Skizzen aus Stockholm I

Wird immer schwieriger, die Verbindung mit den UK zu betonen, wenn man woanders hinfährt und einen UK Blog hat. Eine Begründung ist immer gut: besser nicht zu viel in den UK sein, regt man sich nur über die Politik auf. Auf Reisen gehen. (Das Alltagsleben hier ist übrigens weiterhin völlig normal. Ein paar Lebensmittelpreise sind gestiegen, wie das bei Krisen immer gerne stickum gemacht wird, obs nötig ist oder nicht. Das ist es auch schon.)

Schwenk zu Stockholm. Junge Leute und die Gastronomie und Hotellerie spricht sehr gutes Englisch, kommt man als UK-Bewohnende weit damit. Außer zwei Brocken habe ich also nicht viel Landessprache vorbereitet. Schade eigentlich, denn die Sprachmelodie des Schwedischen ist entzückend und es gibt – aus Zeiten der Hanse, nichts weniger – viele deutsche Lehnwörter. Man weiß im Voraus halt nicht, welche Worte das sind, sonst wäre die Kommunikation wirklich einfach.

Typische Innenstadtszene: Wasser mit Fähren, schöne Häuserfronten.

Im Vorfeld, die Führer lesen, war achtungsgebietend. Was gibt es nicht alles zu erforschen, wo beginnen? Entweder übertreiben alle oder Stockholm ist ein wirklich erstaunlicher Platz. Als wir ankamen, war die Orientierung schwierig. Durch die vielen Ufer können viele Straßen nicht gerade sein und beim Brückenzählen (erste, zweite, dritte) kommt man schon einmal durcheinander. Zwei Führungen sollen Abhilfe schaffen. Eine ist konventionell auf dem Boden, eine andere nehme nur ich wahr, angeseilt auf dem Dach des Landgerichts mit Blicken über die Altstadt und mehr. Das Gericht beherbergte früher das erste Parlament des Landes. Der Grund für den Neubau neben dem Königsschloss ist kurios: durch die neue Eisenbahnlinie direkt vorbei wurden die Sitzungen empfindlich gestört, man konnte sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Dazu eine Raumknappheit und 35 Jahre später konnte ein neues Parlament eingeweiht werden. Es ist immer noch viel kleiner als das angrenzende Schloss …

Grabeskirche der schwedischen KönigInnen. Rechts dahinter das dunkle Dach ist das Gerichtsgebäude, auf dem man wandern kann.

Die Altstadt heißt Gamla Stan. Etwas unglücklich für deutsche Ohren, dass gamla hier alt, bei uns gammelig aber zu alt bedeutet. Man gewöhnt sich daran, nicht zusammenzuzucken.

“Flur” im Hotel. Die Lampe ist einfach schnuckelig. Das gesamte Dekor im Hotel bewegte sich im braunen Bereich, mal ein Schaffell, viele Kissen, viele Accessoires. Für die warmen Temperaturen, die wir vorfanden, etwas exotisch, doch aus einem Schneegraupel hier hereinzukommen, muss gemütlich (schwed. hyggelig) sein. Design für grausiges Wetter.

Der Hauptplatz, eine so genannte Bausünde der 60er Jahre, ist nicht so toll, aber er ist nun mal da. Der Glasobelisk leuchtet schön im Dunkeln, das ist doch was.

Von diesem Platz machen wir uns in die Vorstadt auf. Leider erwischen wir die schäbigste U-Bahn-Haltestelle dieser gepflegten Stadt, T-Centralen:

Wir fahren zum Skogskyrkogården

Das bedeutet Waldfriedhof, ein UNESCO Weltkulturerbe.

Ein friedlicher Ort in wunderbarem Spätnachmittagslicht. Hier liegen keine Berühmtheiten begraben, einfach Menschen. Wir wanderten und fotografierten, bis das Licht nachließ und wir in die Stadt zurückkehrten, um Elchbällchen in einer Kneipe, die an eine bayrische Bierkneipe (nur auf Schwedisch, also eine schwedische Bierkneipe) erinnert, zu essen.

Von Elefanten und schnellen Booten

Fangen wir mit dem Segeln an, bevor wir zu den Segelohren der Elefanten kommen.

Man könnte meinen, alles drehe sich um (UK-) Politik in England, doch nichts dergleichen. Der Alltag geht seinen Gang, Sommervergnügen wie die britische Meisterschaft im Feuerwerk machen (spektakulär!!) finden im Hafenbecken statt, man isst Fish und Chips, jenseits aller Fangquotenreserven, und nicht alle Menschen haben Klopapierrollen gehortet.

Es ist immer etwas geboten. Diese Woche spielt Plymouth – der Heimathafen sowohl des Weltumseglers Drake als auch der Pilgermenschen auf der Mayflower – wieder eine kleine Rolle als internationaler Hafen.

Kurz vor knapp hatte ich am morgen des 14. August festgestellt, dass die Klimaaktivistin Greta Thunberg hier vor Anker liegt, um mit der Rennjacht Malizia II (mit einem deutschen Skipper) nach New York zur Klimakonferenz aufzubrechen.

Dieses Boot ist eines der schnellsten Segelschiffe der Welt, ein Wunder der Ingenieurskunst und ein Vorreiter für Mobilität der Zukunft.

Habe also mühsam herausgefunden, in welcher Marina das Boot liegt und bin in Regen und steifer Brise hingeradelt. Das Wetter war schlecht, doch wie soll ich wissen, was für ein Segelboot schlechtes Wetter ist? Also lieber ein Rennboot ansehen, bevor es ganz schnell weg ist. Die Informationen lauteten nur: wir würden gerne heute absegeln.

Man sieht gerade noch die schwedische und die europäische Flagge am Mast. Das Boot sieht sehr leicht aus.

Ich hatte Glück – die Malizia II ist von der Straße aus gut an ihrem Liegeplatz zu sehen. Als die Besatzung nach wenigen Minuten von Bord geht, ist klar, die nächste Zeit wird das nichts und ich bin wieder heim. Das war mein erstes Erlebnis als Paparazza übrigens. Paparazza von dem Boot, die Menschen haben mich in dem Moment nicht so interessiert.

Später am Tag wurde auf den sozialen Kanälen eine Abfahrtszeit von 3 Uhr Ortszeit bekannt gegeben. Ich bekam zudem den Tipp, an einer Landzunge namens Devil‘s Point (Teufelspunkt) die Ausfahrt in den Sund von Plymouth zu beobachten. Also wieder aufs Rad, das Wetter war deutlich besser und mit, ich würde sagen, 300 anderen Interessierten auf das Boot warten. Im Vergleich zu den Begleitbooten hat die Malizia einen riesig hohen Mast und ein großes Segel. Es gab kein schnittiges Auslaufen, das würde man im Sund auch nicht empfehlen. Es gibt zu viele Untiefen und zu viel Verkehr. Doch als ein leichtes Drehen gesegelt wurde, spannte das Segel etwas, das Boot wurde sofort schneller. Und die Spanndrähte “sangen”. Man bekam eine leise Ahnung, was das Boot kann.

Nun zu den Elefanten

Es gibt deren Dutzende diesen Sommer. Es ist eine von diesen Tierskulpturenaktionen, wie es sie seit vielen Jahren gibt. Kühe in Salzburg z.B. Hier sind es Elefanten, modelliert nach einem Kinderbuchelefanten namens Elmer. Gesponsert, von Künstlern und Künstlerinnen gestaltet und mit dem Ziel einer späteren Versteigerung erzielen sie viel Geld für örtliche Vereine wie ein großes Hospiz. Und sie machen gute Laune.

Dieser Fant wurde klever als Sitzmöbel gestaltet. Eine kuschelige Waldeshöhle.

Nach einiger Zeit habe ich festgestellt, dass Menschen, vor allem mit kleinen Kindern, diese Elefanten einen nach dem anderen ablaufen. Aha, es gibt eine Karte (natürlich auch als App). Ich habe sie mir heruntergeladen. Heute ist ja alles interaktiv. Bei jedem Elefanten stehen vier Zahlen. Diese Zahlen muss man in die App eingeben, dadurch hat man den Elefanten im Sack, er wird in der App farbig … Und auf zum nächsten. Seitdem macht es viel mehr Spaß, in die olle Stadt zu gehen, um Besorgungen zu machen. Ein bisschen Safari nebenher, inklusive der Entdeckung einiger unbekannter Ecken. Die Elefanten sind im öffentlichen Raum aufgestellt und leicht erreichbar, dennoch wundert man sich, was man nicht kennt. Die Standorte reichen von öffentlichen Parks bis zur Nachbarschaft eines äußert fragwürdig apokalyptisch aussehenden Parkgebäudes, durch das ich mich kaum getraut habe. Es stellte sich heraus, es scheint kein fragwürdiges, sondern ein ganz normales Parkhaus zu sein?? Gruselig. Im Gegenzug ein versteckter Elefant vor einer mondänen Bank im Luxusjachthafen.

Bergfant

Beatlesfant

Sherlockfant

Ah, die Haie. Die schwimmen das ganze Jahr über vor dem Aquarium. Der zugehörige Aquariumsfant hat andere Lebewesen aufgemalt:

Und noch ein schöner Blumenfant.

Nachschlag zu Unterwegs I: Asterix, Geografie und Autos

Das Wichtigste vergisst sich leicht zu erwähnen:

Das Dorf von Asterix ist nicht identifizierbar!! Wir erinnern uns: Das Dorf der unbeugsamen Gallier ist von vier Römerlagern eingeschlossen. Kleinbonum, Laudanum, Babaorum und Aquarium. Die Lage ist das Gebiet Aremorica in der Bretagne, doch wie die Lager ist das Dorf rein fiktiv. So fiktiv, dass auch heute noch kein Dorf behauptet, es sei nach ihm modelliert gewesen. Woher wir das wissen? K. hat in der Bretagne eine Buchhändlerin befragt.

Das ist schon selten. Wie viele Orte behaupten nicht, Wohnsitz von König Arthur gewesen zu sein? Oder Berge, die letzte Ruhestätte von Kaiser Karl zu sein (ja, ja, es muss der Untersberg im Grenzgebiet von Bayern und Österreich sein). Und, um in die Realität zurückzukommen, wie viele Orte behaupten nicht, den Mittelpunkt Europas darzustellen?

Küste:

Ein bisschen Geografie für Ortskundige

Roscoff für die Fähre.
Plouescat für Unterkunft.


Jahrhunderte alte Markthalle in Plouescat.

Der Menhir ist der von Cam-Louis

Das größte europäische Hügelgrab befindet sich in Barnénez, östlich gelegen, jenseits einiger der tidenabhängigen Flusstäler (viele Umwege beim Radfahren … Obwohl ich an dem Tag von A. ein Stück mit dem Auto transportiert wurde, blieben mir sicher 70 km, davon 50 mit Gegenwind und mit zu Ende gegangener Verpflegung – ich bin an einem Apfelbaumgroßhandelsverkauf vorbeigekommen, wollte aber lieber Äpfel, mhm. Kurz vorm Zusammenbruch wurde ein Burgerstand aufgetan;-)).

In St. Pol-de-Léon befindet sich nicht nur eine schöne Kathedrale, sondern auch eine ehemalige Kirche, genannt Kreisker (was Innenstadt bedeutet, also eine Kirche mitten in der Stadt, was auch zutrifft). In der hoch interessanten Kirche (K. war drinnen, ich sah sie nur geschlossen und musste zum Hügelgrab) befindet sich z.B. ein modernes Glasfenster von Kim en Joong, einem südkoreanischen Künstler und Mönch:

Großer Autoausflug nach Westen:

Le Conquet ist ein sehr netter Ort mit einem, wie kann es anders ein, großen Flußtal:

Die kleinen Zubringerruderboote für die Segelschiffe sind fein säuberlich an Bootshaltern angekettet. Bei Ebbe ist das Wasser weg, es ist nicht unmöglich, jedoch nicht zu ratsam, dann zu Fuß zu den Booten zu stapfen, Matsch garantiert.

St. Mathieu ist nur fast der westlichste Punkt der Bretagne, aber schöner kann die weiter südlich und einen Tacken weiter westlich gelegene Pointe de Raz auch nicht sein:

Zum Abschluss nach Landerneau, einem – wieder mal, ist aber so – sehr netten Ort mit, richtig, Fluss durch die Stadt (Wasser war gerade da, als wir kamen):

Kommen nicht so gut rüber, bitte glauben: die oft pastell oder fröhlich blau gestrichenen Fensterläden.

Autokennzeichen

Perfekt für langweilige Autofahrten, diese französischen Kennzeichen!

Und so sehen sie hinten aus:

Die Nummern und Zahlen links auf den Schildern haben keine tiefere Bedeutung. Interessant wird es am Ende. Frankreich hat sich in 90+ Departements eingeteilt. Diese werden alphabetisch durchnummeriert. Inklusive Paris, doch exklusive der Gegenden um Paris, die 90+ Nummern haben. Überseeische Departements haben dreistellige Nummern. Ein Auto aus Réunion z.B., wäre leicht zu erkennen, doch sensationell selten.

Also nur die 90 Departements auswendiglernen und los geht es? So einfach ist es tatsächlich. Für die Neulinge gibt es aber noch ein Hindernis zu überwinden. Über der Zahl ist eine Regionalflagge zu sehen und die bezeichnet nicht das Departement, sondern eine der 18 Regionen. Hier bei Bretagne (bretonisch Breizh) würde man denken: wau, so viele Gebiete im Alphabet über Br. Dem ist nicht so. 29 ist Finistère, einem der vier Departements der Bretagne.
Côtes d’Armor ist 22, Morbihan 56, Ille et Vilaine 35. Freundin A. kennt sie übrigens auswendig, diese 90+. Das ist höchst respektabel und sehr unterhaltsam, auf diese Weise etwas über französische Geografie zu lernen.

Was man noch lernt: Frankreich ist richtig groß. Viel zu entdecken.

Unterwegs II

Normandie

Immer noch der UK Blog. Doch aus der Normandie kam Willy der Eroberer, der Teppich von Bayeux befindet sich hier und Englische und Französische Kombattanten haben sich jahrhundertelang das Land streitig gemacht. Diese Vorgeschichte beschäftigt uns nicht so sehr in den beiden ganzen Tagen, die wir hier verbringen. Schnuppern wir in Triviales hinein: Wir machen die Beobachtung, dass in französischen Zügen nicht viel kontrolliert wird. Bei vier Zügen eine Kontrolle, das sind 25 Prozent. Man muss allerdings sagen, diese Stichprobe ist nicht repräsentativ …

Wir besuchen Bonner Freunde, die dieses Jahr in Granville Urlaub machen. Grund genug, in diese Küstenstadt zu fahren, auch wenn dafür 300 km zurückgelegt werden müssen. Die Normandie ist schon mal wieder anders. Das Steingrau ist anders, die Küstenlinie, das Essen.

Altstadt von Granville

Bei Ebbe ein Turm, bei Flut ein echter Sprungturm. Die Normandie bietet nicht nur meterhohen Tidenhub, sondern auch wunderbare Strände mit richtigen “Atlantikwellen” (obwohl wir hier tiefer im Ärmelkanal stecken = östlicher als in der Bretagne). Tolles Baden zu jeder Zeit.

Ein weiterer Sprungturm in der Innenstadt bei Flut.

Die Eidechse ist aus der Bretagne, könnte aber auch aus der Normandie sein.

In die Innenstadt gelangt man am malerischten über den Garten von Christian Diors Elternhaus und einen Friedhof. Anstatt Frischblumen gibt es viele Keramikblumen auf den Gräbern. Gute Idee.

Die Steilküste ist perfekt aufwindig. Jeden Tag sieht man Gleitschirme fliegen. Hier als kleiner bunter Strich hinter einem Grabkreuz.

 

Ein Diskussionspunkt ist Mont St. Michel. Zu viele Leute? Bestimmt, doch ich finde einen Kompromiss in dieser Wanderung entlang der Gegenküste des weltberühmten Klosters:

Dies ist unser Blick während der dreistündigen Küstenwanderung. Dazu Schafe, Kühe und keine Leute. Ein perfekter Nachmittag und irgendwann schaffen wir es auf der Heimfahrt sogar noch einen Kaffee zu trinken (war nicht so einfach). Beim nächsten Besuch gehe ich um 8 Uhr in der Früh zu diesem Berg und warte auf die Menschenmenge.


Der Heimweg wird wieder zurück von Roscoff angetreten. Die glatte Überfahrt bringt uns gegen Abend in Nebel vor Plymouth. Ungewöhnlicherweise (wie mir Einheimische später bestätigen) ist der Nebel so dicht, dass der Hafenmeister der Queen (Queen’s Harbour Master) den Hafen sperrt. Quasi in Sichtweise unseres Hauses – stimmt nicht, man sieht nicht die Hand vor Augen – warten wir die Nacht ab. Uns geht es gut, wir haben eine Kabine, bekommen sogar Frühstück umsonst und müssen die weiteren Tage eh nicht umorganisieren.

Um 6 Uhr in der Früh herrscht dickster Nebel. Um 6.30 scheint die Sonne, der Nebel hat sich ohne nennenswerten Wind einfach davongehoben.

Plymouth Sund in der Morgensonne

Unterwegs I

Bretagne

Haltet ein! Stopp.
Dies ist der Großbritannienblog, was soll da ein Ferienbericht über Frankreich? Das passt auf den ersten Blick gar nicht. Ich will jedoch ein paar Bilder unters Volk bringen und bin um keine Ausrede verlegen. Die Bretagne heißt Brittany auf Englisch. Da Great Britain das Groß-Britannien ist, ist Brittany die kleine Bretagne. Die Bezeichnung bedeutet bemalte Leute und bezieht sich auf die ersten Bewohnenden, auf die seinerzeit Rom hüben und drüben des Kanals getroffen ist. Und schon hatten sie ihren Namen weg.

Unabhängig davon gibt es eine gemeinsame Geologie, dazu weiter unten mehr.

Schaun wir doch mal hin, mit der Plymouth-Roscoff Fähre vom für uns nur 15 Radminuten entfernten Hafen. Bei Nacht fährt die Fähre langsamer, kann man schlafen, tagsüber geht es schneller (um die 7 Stunden).

Die Bretagne wartet mit wenig Meer auf uns. Der Tidenhub ist mehrere Meter hoch und man gewinnt den Eindruck, es gibt immer mehr Ebbe als Flut; genau wie in Plymouth. Der Eindruck trügt natürlich und zum Baden finden sich immer Stellen.
Freund L wartet am Hafen, um uns mit dem Rad zu unserer Unterkunft zu begleiten. Wir sind privilegiert, müssen nicht mühsam mit Karten oder Navis lavieren. Nach 18 Jahren Bretagneurlaub am selben Ort kennen sich unsere Freunde bestens aus. In den nächsten Tagen werden wir mit Rad und Auto begleitet, herumgefahren und bestens betreut.

Wir wohnen in einem kleinen Herrenhaus mit drei Eseln, einem Pferd, einem Maulpferd, Hühnern, zwei Hähnen und einem entspannten Hund. Das Haus ist voller Antiquitäten wie einem alten Bett, das in der Diele / dem Frühstücksraum steht. Wie die bayrischen Bauernbetten für die ganze Familie: zu kurz zum Ausstrecken, man schlief halb im Sitzen.
Frühstück ist französisch: hervorragender Kaffee und viel Süßes. Einmal sogar ein Töpfchen Mousse au chocolat. Die nette Dame des Hauses ist immer bereit zu einem Schwätzchen.

Die Bretagne bietet etwas für uns Gewohntes: wie in Wales sind die Ortsnamen und einiges andere zweisprachig aufgeführt – auf Englisch und auf Bretonisch. Man kann in der Grundschule Bretonisch lernen, es gibt jedoch keinen Zwang. Das Selbstverständnis erhält sich auf verschiedene Weisen, an Selbstvertrauen für die eigene Kultur fehlt es nicht: die Landschaft, die Bauweise, die wirklich schmackhafte Küche, die ohne 30 Gänge und den berühmt-berüchtigten französischen Schnickschnack auskommt … es kommt einiges zusammen.

Um einiges von diesem „einiges“ zu erwähnen: Buchweizencrepes (die sind pikant gefüllt, wogegen die Crepes aus Weizen süß sind), bretonischer Butterkuchen Far Breton, anderer bretonischer Butterkuchen Kouign Amann; und noch andere bretonische Butterkuchen. Man kann hier ein Muster erkennen: Butter ist Pflicht! Am besten die leicht salzige bretonische Butter, die anders schmeckt als Standard salzige Butter von anderswo.
Als Hauptspeisen kommen aus dem Meer Miesmuscheln, Jakobsmuscheln, Algenpasten (ja, die kann man nicht angeln, man erntet die Algen und macht was daraus), Sardinen, Austern (immer noch nicht probiert, muss ich in Cornwall machen).

Wunderschöne Wegkreuze allüberall.

Die Bretagne ist ein Gemüseland. Vor allem Zwiebeln (früher gab es Kleinhändler, die bepackt mit Zwiebeln nach England übergesetzt haben) und Artischocken.


Glücklicherweise wird beim Brot kein Kompromiss gemacht. Sicher gibt es in Frankreich auch vorgefertigte Fabrikteiglinge, doch es ist einfach, Bäckereien zu finden, die Baguette, Croissants und Brandteigéclairs selbst zubereiten und dies auch auf Schildern anpreisen.

Der, wie wir zur Verwunderung unserer deutschen Freunde meinen, irgendwie dickflüssige Cidre wird oft in einem Keramikkrug auf den Tisch gestellt und aus einer Art dickwandiger Teetassen getrunken (leider kein Bild).

Dazwischen bleibt immer die französische Lebensart: einfach mal ins Café setzen, einen Pastis schlürfen oder eine bretonische Breizh Cola (schmeckt wie Afri Cola) oder einen kleinen Café.

Hoffentlich vom Lesen satt geworden? Wir kommen zur Geologie zurück:

Die Bretagne, Cornwall und Süddevon stammen laut neuester Forschung aus demselben geologischen Zeitraum und Material. Der Ärmelkanal ist nicht besonders alt, das ist lange bekannt, doch nun heißt es zusätzlich, die brit. Hauptinsel sei kein Monoblock. Augenscheinlich wird das an der Küstenform: endlos viele Fluß- und Flüßchentäler fallen auf beiden Seiten des Kanals zum Meer hin ab und werden durch den Tidenhub reguliert. Bei Ebbe eine breite Schlammlandschaft mit unbeweglich getrandeten Booten, bei Flut ein Delta mit leise for sich hin dümpelnden Schiffchen. Das war es aber schon mit den Gemeinsamkeiten. Das große und das kleine Großbritannien haben Unterschiede: die Radwege sind in Frankreich besser beschildert. Die Leute sind ein bisschen muffiger, bis man sie kennen lernt. Die Häuser sehen anders aus. Es gibt mehr Menhire und andere Kulturzeugnisse. Es scheint weniger Bodenschätze zu geben, man lebt seit jeher von Fischerei, Häfen und Landwirtschaft, nicht auch von Zinn oder Kupfer oder Porzellanerde wie jenseits des Kanals.

Richtig alt

Weswegen man (ich) die Bretagne besucht. Wegen der Frühgeschichte. 6000 Jahre altes Hügelgrab in Barnenez :

Menhir:

Auf geht’s

Wenn man weg möchte, fährt man zum äußersten Zipfel und marschiert los:

Auch von der Bretagne, St. Mathieu, fast am äußersten Rand von Finisterre, kann man nach Santiago wandern.

Ziemlich alt

Und es gibt eine besondere Kirchenbauform, die eingezäunten Kirchen (églises enclos). Vor 500 Jahren ging es der Bretagne besonders gut. Flachsanbau, Fischerei, wichtige Häfen, alles lief hervorragend. Grund genug, sich schöne Steinkirchen zu bauen mit mehr als einem Hauch von Konkurrenz: jedes Dorf wollte die schönste Kirche haben. Zum Gebäude selbst kommt mindestens ein Ossarium (Beinhaus, heute ohne Gebeine), mindestens ein Kalvarienberg aus Stein, ausladende Sakristeien, barocke Altäre und um alles herum ein sauberes Mäuerchen. Das alles in Steingrau und mit guter Atmosphäre.

Nicht leicht zu erkennen, doch unter der Deckenlampe befindet sich ein geschnitzter Drache – ein Wikingereinschlag, sehr häufig anzutreffen.

Als Beispiel: Kirche von Lampaul-Guimiliau

Steinschiff in Roscoff

Gebeinhaus in Roscoff

Das wars auch schon hierzu, im nächsten Beitrag wird es in die Normandie gehen.

Das entschleunigte Beuteltier

… und andere Wesen im Zoo von Chester.

Bevor ich dazu komme, warum bin ich hier, im NORDEN? Ich wohne doch im SÜDEN? Es ergab sich, am jährlichen Ausflug der Gesellschaft der jungen! Glockenläutenden aus Devon teilnehmen zu können. War natürlich mit Abstand die Älteste unserer 9-köpfigen Gruppe, die am Samstag in 5 Kirchen rund um Oswestry (das liegt ca. 30km von Tattenhall entfernt) an den Seilen zogen. Inklusive Übernachtungen in einer Pfadfinderhütte im Schlafsack, Lagerfeuer machen, das ganze Programm. Wie in alten Zeiten.

Als Beispiel St. Oswald in Oswestry, 8 Glocken. Oswestry liegt im Grenzland zwischen Wales und England. Jahrhunderte lang wurde entlang der Grenze um die Vorherrschaft Englands (damals das Reich Mercia) und die Unabhängkeit Wales gerungen. Wie das ausging, weiß man. Damals versuchten sich Beteiligte und Unbeteiligte zu schützen. An vielen Kirchen dieser Zeit finden sich im fetten Grundteil der Kirchtürme Wehrtürme, die später mit schlankeren Bauten erhöht und mit Glockentürmen abgeschlossen wurden. Deshalb diese fast stufenpyramidale Form.

Im Nachschlag habe ich in Tattenhall viele FreundInnen treffen können und war im berühmten Zoo. Der ist so groß, dass man neben alten Freunden wie dem Rhinozeros garantiert Tiere entdeckt, von denen man nie gehört hat.

Wie dem Baumkänguruh. Das ist ein Einzelgänger, lebt wie der Name sagt auf Bäumen, bewegt sich gemächlich und macht sein Ding. Fabelhaft. Ein Nicht-Kuscheltier für alle, die meinen, wenn sie mal ne Pause machen, bricht der DAX zusammen.

Nicht so gut hinter der derdappten (mit Fingerabdrücken verschmierten) Scheibe zu erkennen, doch das lange Ding unter dem Ast ist der Schwanz. Einen Augenblick war ich versucht, die Scheibe zu putzen, habe es dann gelassen.

Mehr Beuteltier:

Zum knutschen.

Dann gibt es das neue Lemurengebiet. Ein Gehege, durch das man durchgehen kann. Hat mich verwundert, durch Echsen marschieren? Etwas merkwürdig. Ist es aber nicht, denn Lemuren sind ja Halbaffen. Ich dachte an Leguane. Die Halbaffen scheren sich nicht viel um die Menschen, die waren recht kregel.

Und ja, ich weiß, ich bin Biologin, aber man kann sich ja mal vertun.

Press-Luft im Hinterhof

Zwei Tage Sturmböen aus dem Osten lassen kein Blatt ungebeugt im engen Hinterhof. Wie eine Faust drückt sich der Wind auf die Dahlien, Phloxe und Minirittersporne. Die Verbenen haben eine schlechte Fönfrisur, die Duftsteinriche verkahlen und die Monarden wehts gleich ganz vom Ecktisch. Da muss hurtig gebunden, gestützt und in den Windschatten versetzt werden, denn es hilft ja nichts, man kann nicht zwei Tage lang Stengelchen die Triebe halten.

Denn uns zieht es hinaus in andere Windschatten, in eine Bergfalte an der Küste: Coleton/Fishacre Haus in Devon.

Könnte auch Italien sein. Comersee und so.

 

Rittersporne in allen Schattierungen, Bachflora, Palmfarne mit Bambus in eigenen Wäldchen, dieses Haus von 1925 (art und crafts, eine Art Jugendstil für Heimwerker, eine wichtige Gegenbewegung zur gesichtslosen industriellen Massenfertigung) hat sie alle im Garten.

Und Meerblick:

Innen die meist nicht originale doch liebevoll bis ins Detail zusammengetragene stimmige Einrichtung aus den 30er Jahren (Stilrichtung Art Deco).

Wenn der geschätzte Gast vom, natürlich hauseigenen, Tennisplatz (heute die Glashäuser) zurückkam und er sich zur Cocktailstunde frisch machen wollte, fand er im Zimmer möglicherweise ein Waschbecken vor. Badewannen gab es in dem riesigen Haus nur zwei. Beide Badezimmer mit Hand gemalten, vage Sport betreffenen Fliesen geschmückt:


Der Heimweg geht gewissermaßen über See, nicht über Land. In Dartmouth muss, ja, wer wohl, die Dart überwunden werden. Der Einstieg zur Fähre sollte nicht schmäler sein, diese Stelle ist für Ein- und Ausfahrt.

Der Preis sind stolze 6 Pfund für ein Auto, im Gegenzug erhält man nicht nur Zugang zu diesem Ort – Dartmouth – ,

sondern hat auch diesen Blick:

Dartmouth hat die einzige brit. Offiziersakademie (Marine), ansonsten gibt es viele Jachten und alte Häuser. Feriengefühl macht sich breit. Man ist nicht umsonst an der englischen Riviera.

Diese Kirche macht auch einen guten Eindruck (Christ Erlöser):

Vor allem innen:

Mittelalterlicher Lettner (Trennung von LaiInnen zu Chorgestühl)

Und diese schönen Holzdecken hat sie auch:


Zu guter Letzt noch die wahnsinnigste Blüte der Welt (subjektiv, ja, aber mit Grund).

Oben bei Haus Coleton sieht man die früher gezeigte südafrikanische Delosperma in blinzeln-machender rosa Pracht. Doch der Garten hat noch ein Schmankerl aus Chile zu bieten, eine biedere Bromelie (nein, keine Blumelie, eine  Bromelie). Mit dunkelgrünen Blüten:

Die Blüten sind nur 2-4 cm im Durchmesser, die Farbe scheint Kobibris anzulocken. Dennoch bin ich froh, dass “Adele schon zu Abend gegessen hat”.

Erklärung zum Film.

Diese Schönheit ist eine Puya Beteroniana.