Frische Luft

Wir haben bereits gelernt, keinen zu großen Wert auf die Wettervorhersage zu legen. Die Abweichungen Regen oder kein Regen welcher prognostizierten Wahrscheinlichkeit auch immer sind über einen ganzen Tag verteilt riesig.

Besser aus dem Fenster zu sehen und dann, egal was man sieht, für alles gerüstet aus dem Haus zu gehen.

Die letzten beiden Tagen waren endlich eine Ausnahme: die bis zu 20 Grad und trocken lautende Prognose klang irgendwie wahr. Und schon ließen wir alles stehen und liegen und verbrachten einen Nachmittag in Devon  (nach Westen) und einen Tag in Cornwall (nach Osten). Beides einen Steinwurf von Plymouth entfernt.


Devon: Newton Ferrers und Noss Mayo

In dem Doppelort habe ich schon geläutet, nun sollte er erwandert werden.

Der erste Eindruck waren diese oben abgebildeten Blumen. Vor allem die linke sieht aus wie eine Faschingsdekoration. Unirdisches Magenta. Großartig, diese Strahlkraft. Mittlerweile habe ich festgestellt, es handelt sich um Varianten von Delosperma Cooperi, Coopers Eisblume, ein Mittagsblumengewächs aus Südafrika. Und nicht etwa um Hauswurzen (Sedum). Das südliche Afrika bildet ein besonderes Florenreich, eine Welt für sich, mit Tausenden von Arten und sogar Pflanzenfamilien, die es nur dort auf der Welt gibt (bis die GärtnerInnen kamen und die Pflanzen über die ganze Welt gepflanzt haben und das ist verständlich). Viele werden diese strahlende Eisblume schon gesehen haben, ich habe sie bisher offenbar übersehen, obwohl das fast nicht möglich erscheint.

Nach dieser Ablenkung konzentrierten wir uns aufs Gehen. Newton und Noss liegen an tidenbeeinflussten Flüssen. Will heißen: das Meer kommt bei Flut hoch, bei Ebbe sieht man nur kleine Flüsschen, von diesen aber zahlreiche. Deshalb darf man hier Moses spielen:

Auf diesem Betonpfad kann man bei Ebbe bequem nach Noss Mayo hinübergehen. Rechts und links der Schlick. Vor uns, nur einen dicken Hügel weiter und ca. 1,5 km Luftlinie, der Ärmelkanal.

Und gleich noch ein Flusspfad am nächsten Querstück/Zufluss.

Wir sind auf den Hügel rechts im Bild gestiegen und haben das Meer auf einer Gatterlatte stehend sehen können. Mehr war im Zeitrahmen nicht möglich.


Deshalb heute ganz anders. Meer von Anfang an.

Mit der Fähre 40 min von Plymouth nach Cornwall, Mount Edgcombe.

Blick zurück nach Plymouth. Rechts im Hintergrund sieht man gerade noch den Leuchtturm auf dem Hoe.

Wir wandern entlang des Südwest-Weitwanderpfads nach Kingsand, einem kleinen Dorf. Wir befinden uns hier immer noch innerhalb des Plymouth Sunds, kratzen aber schon am Rande des offenen Meeres bzw. Ärmelkanals.

Ein Vorteil von Südengland, man ist umständelos in einem Wald. Vielleicht braucht das die deutsche Seele: Waldstücke, es tut jedenfalls gut.

Kingsand beim Anwandern. Sieht ein bisschen abweisend aus.

Doch innerhalb ist das Dorf malerisch, mit netten kleinen Cafés und Pubs, nicht überlaufen und im Naherholungsbereich von Plymouth. Eine Entdeckung.


Was wir heute nicht gemacht haben: nach Exeter fahren. Dort fand das Finale des größten 12 Glockenturniers des Landes statt. d.h. die in Ausscheidungswettbewerben ermittelten 10 Teams müssen alle auf 12 Glocken dasselbe “Stück” läuten. Wer es am gleichmäßigsten kann, hat gewonnen. Es ist ein Ereignis mit Bierzelt und allem drum und dran und findet jedes Jahr in einer anderen Stadt mit einem 12 Glockenturm statt. Da ich nicht dort war, höre ich mir die 8stündige Liveübertragung im Nachhinein (gerade jetzt) auf youtube an. Sehr unterhaltsame Übertragung, wenn Nichtläutende das auch bezweifeln könnten;-).

 

Der etwas andere Weinkeller

Vor dem Weinkeller ein Hinweis:

In der rechten Spalte befindet sich jetzt ein Sozialer Medien Knopf: dieses Waschmaschinenzeichen soll eine Kamera darstellen. Ich habe nie verstanden, wie sich dieses Symbol für Instagram, das Bildteilungsprogramm, durchgesetzt hat. Ich stutze jedes Mal erneut. Ärmlich, doch es glänzt nicht das Symbol, sondern einige der NutzerInnen, die mit ihren Bildern sehr inspirierend sein können. Ich selbst fotografiere, was mir so auffällt, meist botanischer Natur. Viele lassen ihre Bilder für sich sprechen, viele schreiben etwas Text dazu – in irgendeiner Sprache. Der Text ist nicht so wichtig.

Und nun zurück zum Alkohol.


Kürzlich in einem dieser endlos vorhandenen Herrenhäuser:

(Cotehele in Cornwall, 15. Jahrhundert)

Ein besonders schöner Tantalus aus ? Walnussholz? Tantalusse werden die Karaffenbehälter genannt, wenn sie ein Schloss aufweisen – der Hausherr schloss ab, um die DienerInschaft am mittrinken zu hindern. So nah, und doch so fern … deshalb der Name des von den Göttern verurteilten Tantalus, der immer Durst leidet. Der Tantalus war ein unangenehmer König, doch ein erfundener: wenn es ihn gegeben hätte, wäre der Name ziemlich geschmacklos.
Dieses Exemplar bietet Platz für vier verschiedene Getränke, klassischerweise, Whisky, Portwein, Sherry und noch etwas anderes. Als besonders hübsche Note ist das im Deckel herausfallsicher angebrachte Trinkglas zu beachten. Es handelt sich um ein Einzelglas, der Eigentümer des Tantalus schien nicht auf Gesellschaft warten zu wollen.

Der Tantalus steht im Salon für den sofortigen Zugriff auf steife Drinks. Der Vorrat dafür findet sich in einem Raum, der in erster Linie an Katakomben erinnert. Dieser Wein “keller” befindet sich im Erdgeschoss, die Nischen sind noch mit Etiketten für die ehemaligen Inhalte versehen.

Innenhof des Hauses:

Der nahe gelegene zugehörige Landungssteg am Fluss Tamar:

Die Wolkenwand zeigt an, was kurze Zeit später eintrat – wir wurden nach Hause geschwemmt. Allerdings in einer netten Lokalbahn.

 

Darf es ein bisschen Meer sein?

Eine Zugfahrt durch ein sehr grünes Tal nach Looe (ausgesprochen Lu). Das ist Cornwall – grün, grün, grün und dann, irgendwo und irgendwann, naht das Meer.

Und eine perfekte Bucht mit nicht perfektem Wetter: zu kühl zum Baden.

Aber schön bunt:

Blick vom Hügel:

Looe ist ein altes Fischerdorf und ehemaliger Güterhafen am Ärmelkanal. Siedlungen sind seit der Keltenzeit belegt. Der gleichnamige Fluss zerschneidet Looe in Ostlooe und Westlooe, verbunden durch eine Brücke. Für 50 Pence pro Mensch kann man sich flussabwärts der Brücke auch kleiner Fährboote bedienen. Reicht für 3 Minuten Seegefühl und ein kleines Einkommen für eine Gruppe von Fährleuten mit ihren eigenen Booten, die sich offenbar organisiert haben, wer wann wie viele Fahrten unternimmt. Denn als wir nach dem Aussteigen der Passagiere bei ihr einsteigen wollen, werden wir von der Kapitänin freundlich darauf hingewiesen, dass x mit seinem Boot die nächste Fahrt übernehmen wird. Sie parkt derweil mit ihrem Boot 2 m weiter.

Wir haben einen Grund, uns hier einzufinden: offene Atelierwoche eines Cornwall weiten KünstlerInnenverbunds. Die abstrakte Kunst eines Malers auf dieser Liste hat mich angesprochen, er teilt sein Atelier mit seiner Frau, die abstrakte Glasverschmelzung (Fusion Glass) betreibt. Man sieht Ähnlichkeiten in der Inspiration und doch sind die Medien so anders.

Glas
Malerei

Vor dem Atelier stehen zwei alte Mercedes-se aus den 80er Jahren, die Klaus interessieren. Die werden mit dem Maler, dem Eigentümer, besprochen, bis ich dazukomme und wir über Politik und die Welt reden. Ein sehr anregendes Gespräch an einem freien Nachmittag (dieser letzte Montag des Monats war in England der Maifeiertag). Gab diesem Ausflug die persönliche Note.


Und Glocken klingen überall:

Die Devon Ringer sind immer aktiv. Bei zwei Ausflügen war ich bereits dabei, doch es geht weiter und weiter. Gestern bei Bilderbuchwetter mittags Grillen, anschließend Läuten in dieser abseits gelegenen wunderschönen Kirche von Walkhampton im Dartmoorgebiet. Grund der kleinen Feier: der Jahrhunderte alte Turm wurde, wie so vieles in der Zeit, in den 70ern mit Betonmörtel verfugt. Seitdem hat der arme Kerl aus Granit dermaßen geschwitzt, dass sie innen an den Wänden Eimer aufstellen mussten, so lief das Wasser herunter. Schimmel ahoi! Es dauerte 18 Monate, den Fugenkitt wieder mit dem traditionellen, atmungsaktiven Kalkmörtel zu ersetzen. Jetzt hat der Turm Jahrzehnte Zeit, sich zu erholen. Die braucht er auch!


Ein paar Blumen von der Arbeit bei holly bee flowers: auch bei trübem Wetter Leuchtkraft in der Bude garantiert.

In den Garten

Plymouth mag als Häusermeer erscheinen, doch nicht alles ist Stein in Stein und nicht alles ist Radfahren entlang großer böser Straßen. Neben unzähligen kleinen und mittleren Parks befinden sich sogar Radwege in unserer Mitte. Unser nächst gelegenes Herrenhaus befindet sich keine 5 km entfernt und ist zu 85% (mindestens) auf separaten Radwegen zu erreichen. Radweg unter der Bahn durch, auf eine Radbrücke über eine Bundesstraße, auf einer Radbrücke über den Fluss Plym (wenn der da ist, meist scheint er nicht da zu sein, er ist tidenabhängig, siehe Bild mit Blick zurück in die Stadt) und dann flussaufwärts bis zu Haus und Garten geradelt. Perfekt. Wenn man noch bedenkt, dass kurz vor dem Herrenhaus der große Recyclinghof der Stadt liegt, an dem man merkwürdige Gegenstände aller Art loswerden kann – noch ein Grund mehr, hier entlangszuradeln.

Das Haus:

Von innen nur ein paar Details. Das Haus ist gestopft voll mit orginaler Einrichtung und Kunst, vieles erste Sahne, doch in den Gängen hängen wirklich viertklassige Schinken. Ich habe mich dieses Mal auf Details beschränkt, die große Handwerkskunst.

Mit verschiedenen Materialien intarsierter Reiter auf einem Tisch. Nur ein Beispiel der Mode der Chinoiserie, der Einführung, Nachahmung und genereller Bewunderung chinesischer Kunst und Formensprache im 17. und 18. Jahrhundert.

Die freundlichen Damen verschönern den Aufenthalt in einem kleinen China-Zimmer: als Wandbemalung.

Ein blauer Drache auf einer kleinen Vase. Keine Ahnung, was auf dem Würfel steht.

Vielleicht inspiriert von den chinesischen Wachlöwen (Foo-Hunde). Ein paar putziger Kaminornamente.

Der europäische Bildungskanon der Zeit darf nicht fehlen. Viel Inhalt in kleiner Verpackung, diese Bücher sind nur ca. 15 cm hoch.

Draußen vor der Tür:

Keine Porzellanglöckchen. Aber so was in der Art. Im Garten konnte man auch gut ein paar Blätter Efeu abpflücken – gut für die nächste Wäsche, Efeu enthält Saponine, das sind Seifenmoleküle, braucht es weniger Waschmittel.

Kleiner Blog

… von kleinem Ausflug. Ein 2x ENDLICH

1) ENDLICH hat K. auf einem RASENPLATZ Tennis gespielt. Also so wie sie in Wimbledon spielen. Der Club, den er sich in Plymouth ausgeguckt hat, hat Hartplätze, aber auch zwei Rasenplätze. Beweisfoto existiert noch nicht, ich war wegen Erkältung nicht dabei, doch seine Einschätzung: interessant, doch in Wimbledon sind die Plätze vermutlich besser gepflegt (also für das Spiel vorhersehbarer, der Ball hüpft nicht überall unberechenbar herum).

2) ENDLICH, das Wochenende ist für K. ein Abhaken von alten Wünschen: unsere erste DARTMOOR Wanderung. Nur eine kleine, doch immerhin. Licht war merkwürdig, Fotos nicht so toll, doch ein Eindrückchen von dieser so ANDEREN Landschaft, die sich keine 25 km von Plymouth entfernt befindet.

Bronzezeitliche Spuren (3-4000 Jahre) gibt es auch, Menhire, Steinreihen. Und viele Dartmoor Ponies und Rinder. Und Schafe gibt es und Wandernde.

Die letzten Blauglöckchen verblühen langsam. Es gibt richtige Wiesen voll davon.

Ein klassischer Anblick: windgeformte Bäumchen am Felsgrat.

Bronzezeitmenschen haben sich ordentlich Mühe gegeben.

Noch ein Wort zum Dartmoor Prison, dem berühmten Gefängnis. Seit Jahrzehnten beherbergt es keine Schwerverbrecher mehr, sondern normale Kriminelle. Es soll in den nächsten 10 Jahren abgewickelt werden. Mit seinen grauen Mauern sieht es eindrucksvoll aus, man kommt im Örtchen Princetown umstandslos daran vorbei, es liegt also nicht einsam und abgeschieden hinter einer Nebelwand verborgen.

Eindrücke

– das sind Dinge, die eindrücken und dadurch verändern. Oder?

Im neuen Alltag. Ein paar Vignetten.

Klima

Meeresklima, ganz anders als gewohnt. Schwitzen oder frieren? Manchmal scheint es dasselbe zu sein, ausgelöst durch fünf Minuten Unterschied oder durch gar nichts. Die gefühlte Temperatur ist oft anders als die faktische. Das ist überall so, doch hier ist das Verhältnis anders als im Inland. Die Luft erscheint trockener. Vielleicht liegt es am alten steinernen Haus oder am Salzgehalt der Luft.
Und Küste ohne Wind bedeutet eine Art Schwüle. Die Stadt hat auch ein anderes Licht. Gleißender (eines der tollsten Wörter der deutschen Sprache). Die hellen Häuser werfen das Licht noch einmal mehr zurück. Gut, dass es viele grüne Parks gibt. Akklimatisation auf Meereshöhe.

Manche Straßen haben Baumbepflanzung und manchmal sogar grüne Vorgärten = und deshalb vermutlich höhere Preisen und auf jeden Fall mit Anwohnendenparkenschildern. Wenn es nicht so nobel hergeht, gibt es keine Bäume, sondern endlose Häuserzeilen, die wie die Straßen und die winzigen privaten Geländer vor den Häusern steinig hell sind. Eine Art tote Uniformität. Alles Leben spielt sich drinnen ab. Hoffentlich spielt sich da Leben ab. (Bestimmt!)

Unerwarteter Ausblicke: auf einem Stuhl am oberen Fenster stehend kann man das Meer sehen!

Glocken

bleiben das Thema. Ganz schön fordernd, die Proben hier. Das geht zack, zack, diese Methode wird geläutet, jene Methode wird geläutet. Habe zwei Türme besucht, das könnte ein guter Wochenrhythmus werden. Nachher in den Pub.  Geht gut, wenn man nicht mehr fahren muss und selbst zu Fuß in 25 Minuten zuhause ist.

Rad fahren

Bin in Millionenstädten geradelt, Köln, Berlin, München, doch in Plymouth hat es eine Woche gedauert, bis ich mich rausgetraut habe. Und doch – Rad fahren ist wie das sprichwörtliche Rad fahren, man verlernt es nicht, auch nicht in der Stadt. Atmen ist ein Problem, es geht immer auf und ab und die Luft ist einfach anders.
Nach der Anzahl der Joggenden zu urteilen gewöhnt man sich aber daran. Da sehen einige Leute ziemlich fit aus.

Wahlen

Leider durch den Umzug die Kommunalwahlen in Chester und in Plymouth verpasst. Plymouth hat eine konservative Mehrheit, doch eine starke Labourfraktion ebenso. Extreme Positionen werden nicht so sehr gewählt. Beruhigend, da die Gegend 60% Brexit gewählt hat. Ich denke, wegen der Fischereilobby. Leider wird diese auch vom Brexit nicht profitieren. Anders als es von außen aussieht, liegt das Gros der britischen Fischereien in den Händen von einigen wenigen Familien / Firmen. Griechische Verhältnisse. Die machen ihren Schnitt mit Brexit und Lobbyarbeit, die Quoten unnachhaltig zu erhöhen; jede Wette, dass die wenigen Kleinbooter nichts davon haben werden.

Bitte Platz zu nehmen, wir sind eingerichtet. Das Kissen ist von der genialen Barbara G. aus Tattenhall handgewebt.

Garten

Etwas Arbeit wird hier in Dartington sein bei Holly-Bee Flowers:

Der große Umzug

260 Meilen südwestlich von Tattenhall liegt die Hafenstadt Plymouth. Anderes Klima, andere Mentalität und Tidenhub haben sie hier auch.

Es gibt eine Bucht (Bay) von Plymouth, doch das ist das Plymouth in Amerika. Die geologische Formation in unserer neuen Heimat heißt Sound (Sund, Meerenge). Das ist eher technisch, für die Laiin sieht es wirklich wie eine Bucht aus:

Blick aus dem Stadtzentrum hinaus auf den Ärmelkanal.


Ein paar Notizen aus der Umzugszeit

Dankbar für

– sechs Jahre Tattenhall. Wir haben die Fremde gewagt, versucht, die Gemeinsamkeiten zu finden und die kulturellen Unterschiede entweder zu verstehen oder wenigstens zu tolerieren. Wir durften viel lernen. Und viele Menschen kennen lernen, einige näher, im Laufe der Zeit sind Freundschaften entstanden. Das hat sich im Abschied gezeigt (schnüff).

Harte Schule

– die „Geeignetheitsprüfung“ als Mietende in Plymouth. Finanzen, Vermieterreferenzen, richtig viel Papierzeugs, man springt durch brennende Reifen. Unschön.

Schaum

– geschlagen: um das Haus in gutem Zustand zurückzulassen, leihe ich von einer Chorfreundin einen Staubsauger aus, der auch Lumas aufblasen kann und Teppiche shamponieren. Ich glaube ernsthaft, ich habe auch ein Zusatzteil gesehen, mit dem man was für die Haare machen kann.
Die Luma für die letzte Nacht im alten Haus habe ich mit der Fußpumpe aufgepumpt, doch die Teppiche wurden mit dem Multi-Monster gereinigt und das geht so: Der Sauger ist ein Stabsauger, so ein senkrechter, den man nicht hinter sich herzieht, sondern der kompakt vom Boden aufragt mit sichtbarem Staubsack. Den Staubsack abbauen und durch Wasserkanister mit Spezialspüli ersetzen. Saugbürste durch eine Art Tablett mit Unterbürste ersetzen, das mit dem Kanister mittels eines Schlauchs verbunden wird. Die nötigen Handgriffe wurden in einer Bildanleitung erklärt. Irgendwann habe ich es auch kapiert und angewandt.

Den Boden vorher gründlich auf normale Art absaugen. Dann das Gerät anschalten und – gut, dass ich vorgewarnt wurde – alles voller Schaum, sofort, wie eines dieser alten Schaumbäder. Beim Bewegen des Saugers zieht man eine breite Spur des Schaumes hinter sich her. Phantastisch und sehr ungewohnt. Wer meint, der Teppich sei nun triefend nass, irrt, nur leicht feucht ist er. Den Schaum kann man nun noch einbürsten und etwas später absaugen. Ein frischer? Duft schwebt über den Fasern, ein Gefühl der Reinheit und Gepflegtheit stellt sich ein.

Leider kein Wundermittel, Möbelabdrücke, wirkliche Flecken etc. bleiben meist bestehen, doch man hat das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben.

Stolz auf

– um die 15 Umzugskisten weniger als vor sechs Jahren. Bevor die Korken knallen: es waren immer noch um die 100, nicht gerade wenig. Was nimmt den meisten Platz ein? Kultur – Bücher, viel Geschirr, Schachspielsammlung.

Modern

– geworden: um alle und jede in deren jeweiligen bevorzugten Modus erreichen zu können, wurde ein gebrauchtes Smarty erworben. Im edlen Goldton, richtig schick. Damit macht es Spaß, zu appen und wie man das sonst so nennt. Was kommt als Nächstes, kann man fragen. Eine Rakete für den nächsten Urlaub auf die Bahamas? Antwort: erst mal sacken lassen.

Knifflig

Vom Land mit Garage und Garten in die Stadt mit kleinem Hof und ohne Garage. Es hilft nicht, die Kisten zu nummerieren und alles einfach genauso wieder einzuräumen wie zuvor, das klappt nicht. z.B. verlieren wir den wertvollen großen Einbauschrank aus dem Schlafzimmer. Wir gewinnen einige kleinere Schränke. Die Küche ist kleiner, doch es werden nicht mehr so viele Backsachen benötigt, meine Marktzeit ist größtenteils dabei. Alles neu denken, nichts ausschließen.

Erste

Begegnungen. Nicht überraschend, dass ich mich zuerst in Glockentürmen umschaue. So ein Turm (tower) bietet überall ein Stückchen Heimat. Meine erste Probe war ein Erfolg: sofort wohlgefühlt.

Großkopferd

… sind nicht nur die Politischen in London, die – doch darüber wollen wir gar nicht reden -, sondern auch diese Tiere:

Ist er zu sehen, der Kopf der Kegelrobbe? Wie ein großer Hundekopf oder eben wie ein Kegel erscheinend, tauchen die Tiere auf, um Luft zu holen. Sie drehen sich im Kreis, inspizieren die Umgebung und was sonst noch so los ist, und dann tauchen sie wieder unter. Es muss faszinierend sein, sich im Medium Wasser wohlzufühlen, und über Wasser ebenso. Sehr beeindruckend. Sowohl die Größe der Tiere als auch die Lebensweise.

Als ob wir Menschen, sagen wir, 20 Minuten locker und unbeschwert an Land was tun würden, danach aber unbedingt für ein paar Sekunden unsere Nasen oder Kiemen oder Schleimhäute in eine Schüssel mit Wasser tauchen müssten. Schwer vorzustellen, eine derartige Trennung von Lebenswelten. Doch für die Robben klappt es. Sie sind in Deutschland, vielleicht auch in den UK, die größten Raubtiere (damit sind Säuger gemeint). Bis zu 300 kg und 2,5 m Länge. Dieses Exemplar war mit ein paar FreundInnen hier zu finden:

Das sind die Hilbre-Inseln in der Deemündung. Um das geografisch aufzuschlüsseln: zuerst kommt Wales, nördlich dann der Dee, darauffolgend die Halbinsel Wirral (welche sich südlich von Liverpool, von dort getrennt durch den Mersey, befindet). An der Wirralspitze befinden sich die drei Inselchen, die man bei Ebbe bequem zu Fuß erreichen kann, keine zwei km sind es. Auf der Spitze der äußersten Insel, Hilbre, weht der Wind stärker, man bekommt das Gefühl, mitten in einer anderen Welt zu sein, fast schon hoch zur See, wenn man auch überall Land sieht – und dann bestimmt man die Tiere, die man hier so vorfindet. Vor allem Vögel. Wobei, bestimmen ist zu hoch gegriffen. Ich war mit einer kundigen Freundin da, die die englischen Namen wusste. Auf ihrem Wischkastl hat sie die wissenschaftlichen Namen nachgeschlagen, ich habe die in meinem deutschen Vogelbuch gesucht, und schwupp, schon habe ich die Namen Ringelgans, Austernfischer, Eiderente (wunderschön), großer Brachvogel und noch ein paar andere erkannt oder auch mal nicht. Die Robbe im Bild war eigentlich die Erste meines Lebens und als wir dann noch einen Delphin (großer Tümmler) vorbeischwimmen sahen, war der Tag endgültig ein toller Tag.

Und so sieht’s auf dem Wirral aus (jenseitig sieht man Wales).

Ein Miniwatt eben, nur eine Stunde von uns entfernt.

 

 

Warten auf Godot

Dabei lecker klönen: Diese beiden Herren sitzen im Sandstein wie Waldorf und Stattler, die beiden Meckerer aus der Muppetshow.
Sie sind Platzhalter.

Platzhalter, weil wir uns für ein Haus beworben haben, auch erstmal angenommen worden sind, und uns dennoch durch seitenweise Formulare quälen müssen für die üblichen Hintergrundchecks. Seit Jahrzehnten bin ich Mieterin und es ist immer unangenehm, sich in der Bewerbung beweisen zu müssen, selbst wenn man von Bekannten privat mietet. Jedes Mal wird es schlimmer. Unser jetziges Haus war unkompliziert: wir haben gesagt, wir haben keinen finanziellen Hintergrund in England, aber wir legen 6 Monate Miete auf den Tisch und schon ging was. Für unseren Umzug haben wir dasselbe vorgeschlagen, man sagte uns, ja, okay, nicht nötig, macht das nicht, aber füllt bitte diese klitzekleinen Formulare aus und ladet dazu alles Mögliche hoch. Mhm. Wir sind hoffentlich am Ende der Fahnenstange und können die Flagge hissen.

Und zwar diese hier, die von Devon.


Derweil

ein bisschen Tourismus. Auf unserer Expedition (400 km, gähn) nach Plymouth haben wir je auf dem Hin- und Rückweg zur Unterhaltung einen Ort angesehen, beide im wunderschönen Shropshire (leider eine Binnengrafschaft, kein Meer in Sicht, ansonsten perfekt). Die können wir nicht vorenthalten – die Bilder sind zwar nur Ersatz, ohne Geruch, Seitenblicke und Tee trinken, jedoch billiger als eine Reise.

Nr 1, Ludlow:

keine eineinhalb Stunden entfernt befindest sich dieses Kleinod von einem Ort mit eigener Burgruine. Und was für einer. Ludlow (alt-englisch, Platz auf Hügel bei Stromschnellen) mit dem genau so benannten Ludlow Castle war einmal so wichtig, dass sie als Hauptstadt des nahe gelegenen Wales gesehen wurde.

Eine seltene normannische Rundkirche im Burghof.


Auf dem Rückweg spontan gedacht: wir fahren immer an diesem Ort vorbei: Bridgnorth. Wollen wir doch mal reinschauen: Die oben im Beitrag eingefügten Figuren sind von dort. Sie halten ein Schwätzchen am Ufer des Severn, in dem bis 1856 Leute in Sandsteinhöhlen gelebt haben. Der Rest des Ortes ist auch nicht zu verachten:

So viel von uns aus der Tourismuswerbung. Bleiben Sie uns gewogen und bis zum nächsten Mal.

Dies ist NICHT die Möwe Jonathan

Überhaupt gar nicht die aus der Geschichte von R. Bach, die irgendwie symbolische Möwe. Sondern eine sehr reale fette Möwe. Und noch einmal im Zusammenhang, sie steht vor unserem Fenster:

Unserem Hotelfenster in Newquay, Cornwall. Schon beim Öffnen der Tür stand die Möwe draußen auf dem Vordach, äugte uns an, erwartete Futter?, pickte mit dem Schnabel gegen das Fenster und brachte sogar noch ein paar Kumpel mit. Sie schienen erfolgsverwöhnt, sahen nicht ein, dass wir nichts nach draußen warfen. Die Witzbolde! Gegen Abend waren sie verschwunden, vielleicht weil eine Busladung SeniorInnen angekommen war, die ihrerseits Zimmer belegten. Doch am nächsten Morgen beim Aufziehen des Vorhangs: dass die Truppe uns nicht aufweckte, nach dem Motto: ihr Penner, macht euch mal fertig und teilt euer Essen mit uns, war alles.

Möwe hin oder her, bei unserer -mal wieder- Haussuche, sah es so in Newquay aus:

Sogar SurferInnen im Wasser, in der Nebensaison. Die Neoprenanzüge machen es möglich: ein Eindruck später, als es diesig wurde. Die schwarzen Punkte sind Wellenreitende, das Hotel auf der Klippe ist NICHT das Hotel, in dem wir übernachtet haben.

Von diesen Buchten gibt es mindestens fünf in der Stadt, die mit besten Buchten der Britischen Inseln besitzt und ein SurferInnenparadies ist. Wer wollte da nicht mit Hoffnung hingehen, dass die zu vermietenden Häuser so toll sind, dass man in Bezug auf Arbeitsplätze (außer Tourismus?) es nicht so eng sieht, beziehungsweise hofft, dass es schon klappen würde. Es ist schon spitze.
Mhm, okay bis grausam lautet die Antwort bei der Wohnungssuche. Braungemusterte Teppiche im 50er Jahre Stil sind nicht jederfrau Sache. Das müsste dann schon richtig passen, war etwas ernüchternd. Die besten Häuser haben wohl die Zweitwohnsitzleute.


Noch ein Schritt zurück, dieses Mal zu Häusern in Plymouth. Die Besichtigungen dort sind anstrengend hoch zwei: jedes Mal in ein anderes Viertel fahren, durch eine Großstadt, viel Verkehr, immer die Gegend begutachten, versuchen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie diese tickt (alternativ, spießig, großbürgerlich, studentisch etc.), dann das Haus ansehen, innen, außen, Lärm, Zustand usw. Wir haben eine Liste, damit wir nicht im Nachhinein uns am Kopf kratzen: ja, wie war das denn? Denn langsam geht im Kopf ein Haus über ins andere.

Zwei Beispiele:

Kleinere Häuser in einem gemischten Viertel – Wohngebiet, Gewerbegebiet (inkl. der Stadtwerke, Werkstätten etc.). Also gewöhnungsbedürftig. Doch in Meeresnähe und überraschend zentral, egal wo man hinmöchte. Zwei Häuser und beide sehr gepflegt, die haben wir in der Hinterhand gelassen.

Dann etwas großbürgerlicher:

Teuer, doch toll. Man konnte gar nicht umhin, sich NICHT zu bewerben. Doch im Prinzip war das Haus fünf Minuten, nachdem wir es besichtigt hatten, schon weg. Wir waren einfach zu spät dran. Wir haben ein weiteres Haus in petto, in einer anderen Gegend, mal sehen, ob wir Glück haben.

So weit der Stand der Dinge … im nächsten Blog folgen ein paar Reisebilder. Unsere Fahrten haben immer ein großäugig staunendes Tourismuselement. Es gibt viel zu sehen, auch gar nicht weit von Tattenhall entfernt.