Der Coronavirus in den UK

Auch in den UK grassiert der Virus, doch erst seit Anfang März sind mehr als einzelne Fälle bekannt. Zeitlich liegen wir folglich 3-4 Wochen hinter anderen europäischen Staaten zurück, wir haben die Spitze des Eisbergs im Ansatz nicht erreicht, geschweige denn überschritten.

Stand der Dinge

Die Fallzahlen steigen täglich, doch da die ersten Wochen nur eine kleine Anzahl von Menschen getestet wurden, fast nur Leute, die eh schon in Krankenhaus lagen, ist die Dunkelziffer hoch. Wegen der wenigen Tests erscheint die Sterbeziffer auch erstaunlich hoch. Das hat sich auch nicht wirklich geändert. Nachdem die WHO angemahnt hatte, die Wege des Virus konsequent mittels Tests zu verfolgen, wurde Besserung versprochen, doch immer wieder höre ich, selbst medizinisches Personal wird nur widerwillig getestet. Man hat die Kapazitäten noch nicht.

Am stärksten betroffen ist London. In Plymouth gab es die letzten Wochen nur einen Fall, dann zwei, heute liegen wir bei fünf Personen. Das klingt gut, doch wie wir alle wissen, kann eine einzige Party, ein einziges Flugzeug mit Virus an Bord, ein einziger Theaterbesuch das alles ändern.

Geschichte der Bekämpfung

Die Regierung hat sich von Anfang an von anderen Ländern abgesetzt, was die Methodik betrifft. Man stützt sich auf “Wissenschaft”, das wird ständig wiederholt, doch es wird nicht transparent gemacht, auf welche Studien genau. Darüber habe ich aber gestern auf der FAZ Seite was gelesen. Es handelt sich um renommierte Seuchenstudien, die aber eben genau das sind: Studien, die oft nach einer Epidemie irgendwo auf der Welt nachmodelliert worden sind. Man versucht aus der Datenlage, Seuchenverläufe zu verstehen und kann damit Vorhersagen treffen und Maßnahmenkataloge ableiten. Diese Art Technik wird ständig verfeinert, da steckt viel Arbeit dahinter, tolle Sache, doch im Endeffekt sind es Möglichkeitsszenarien. Das Gute an ihnen ist, dass sie den schlimmsten Fall nachbilden, also zur höchsten Vorsicht aufrufen.

Da die UK sehr von oben herab regiert werden, ist es typisch, dass von Tag zu Tag verkündet wird, was nun sinnvoll sei, immer mit der Begründung der wissenschaftlichen Empfehlung, ohne viel mehr offenzulegen.
Der erste Plan bestand darin, eine Durchseuchung der Gesellschaft maßvoll zu begleiten, damit eine hohe Immunisierung eintreten kann. Denn man ist sich sehr bewusst, vielleicht mehr als anderswo: eine Behandlung liegt noch in weiter Zukunft, die Seuche wird lange dauern. Je mehr Menschen immun sind, desto besser in Zeiten der Re-Infektion.
Schnell hat man jedoch begreifen müssen, dass der Corona nicht maßvoll begleitet werden kann. Der Virus ist zu infektiös. Und dass das in den letzten Jahren ausgeblutete Gesundheitssystem – mit proportional einem Sechstel der Intensivbettenanzahl als z.B. in Deutschland – schon bei geringeren Fallzahlen kollabieren könnte. Deshalb werden nun nach und nach dieselben Maßnahmen wie in anderen Ländern eingeführt, die letzte heute: Schulschließungen stehen an.

Manches kommt sehr ungeschickt daher, so wenn vor Theaterbesuchen gewarnt wird, die Theater aber nicht geschlossen werden, wozu die Regierung die Befugnis hätte. Zu Recht haben sich öffentliche und private Stätten darüber beschwert. Am nächsten Tag erst wurde im Nachgang über Milliardenhilfen für die Millionen betroffenen kleinen Unternehmen, FreiberuflerInnen und die Unterhaltungsindustrie, die hier eine große Rolle spielt, geredet. Da hat sich etwas bewegt, einfach ist es nicht. Die Sozialleistungen sind nicht hoch, viele Leute haben keine Rücklagen, sondern leben von Woche zu Woche.

Stand heute

Im Ergebnis stehen wir erst seit Montag, 16.3, in dieser ernsteren Phase: die Verbreitung abbremsen. Vor allem mit Hände waschen und Distanz halten und Heimarbeit. Gleichwohl gibt es bereits seit letzter Woche die berühmten Hamsterkäufe auf Klopapier und Nudeln. Klopapier wurde schon in den verschiedenen Brexitphasen gehortet, gewisse Leute sollten eigentlich noch davon übrig haben ….

Man droht an, in einiger Zeit alle Menschen über 70 Jahren zuhause sitzen zu lassen. Das gehört wieder zu dem Plan, die gesunde Bevölkerung zu durchseuchen. Man sieht, man fährt zweigleisig.

Grenzschließungen und Ausgehverbote sind noch nicht geplant. Im Supermarkt konnte ich aber geleerte Bierregale bewundern, als Alternativen zum Pubbesuch. Das wird schwierig für die Einheimischen: die Kultur ist wesentlich distanzierter als in Italien oder sogar Deutschland, dennoch gibt es wichtige Knotenpunkte, an denen man alle Bevölkerungskreise antreffen kann. Etwa den Pub.

Die gute Nachricht lautet, ab nächster Woche wird es milder, kann man wenigstens auf Distanz draußen sitzen.

Alle unserer Bekannten sind sehr vernünftig und verhalten sich entsprechend. Doch heute in der Stadt, das hat mich geschockt: in zwei Cafés/ einfachen Mittagsbistros sehe ich alte Leute dicht gedrängt fröhlich mit FreundInnen einen trinken und essen. Alle über 70. Die haben den Schuss noch nicht gehört.

Was bedeutet das Hin und Her für uns?

Kein Chor, obwohl man überlegt, wie man online zusammen singen oder zumindest üben könnte.

Keine Glocken, denn am Dienstag hat auch die anglikanische Kirche die Aussetzung der Gottesdienste verkündet.

Kein Schach für Klaus, als kleiner Trost kann er das Kandidatenturnier in Jekaterinburg verfolgen, das seit Montag läuft (nur 8 “Athleten”, deren Versorgung, kein Publikum, das erschien den Veranstaltern machbar). Das Kandidatenturnier ermittelt den Schachspieler, der gegen den amtierenden Groß- und Größtmeister bei der WM antreten darf.

Wir dürfen den Tennisplatz noch nutzen, da Tennis wahrlich kein Kontaktsport ist.

Unser Allotment braucht noch viel Liebe (und Umgrabearbeit). Damit sind wir gut beschäftigt.

Die Bücherei hat auch noch auf, sollte sie zumachen, besorge ich mir die Bücherei E-Leseapp. Auf dem kleinen Handy wirds zwar ungewohnt, ein Buch zu lesen, aber besser als nichts. Im Ganzen: uns geht es gut, das Katastrophenmanagement in den UK ist nicht schlecht, aber auch nicht gerade vorbildlich.


Ausblick

In der letzten Zeit habe ich viel fotografiert, die bald gibt es einige Plymouth Bildbeiträge in diesem Blog.

 

 

Exeter

Exeter, die Hauptstadt Devons und nur eine Bahnstunde entfernt, ist eine Stadt der Superlative. So soll sie die landesweit höchste Dichte an Weinstuben haben. Aus eigener Anschauung (von außen, ich bin leider auf trockener Fastenzeit) könnte das zutreffen. Doch auch die mittelalterliche Wasserversorgung, deren Röhren in begehbaren Tunnels verlegt waren, ist einzigartig. Die Bauweise war offen, d.h. ein Graben wurde gegraben, der Tunnel aus Steinen und Ziegeln errichtet, dann wurde dieser Tunnel von außen wieder überdeckt und man konnte die Straße wieder benutzen. Luxuriöser als Rohrverlegung heute, mit Zugang.
Der Eingang zur Unterwelt befindet sich pikanterweise in einem brandneuen glatten Shopping-Center, sehr kontrastreich. Die Stollen sind wirklich eng, und schon mal im Entenwatschelgang, so zum Ducken, zu begehen. Die ältesten Tunnels entstanden im 14. Jahrhundert und waren mit Bleirohren bestückt. Später gab es Eisenrohre mit größerem Durchmesser, um den erhöhten Bedarf zu decken. Bleirohre wurden nicht als gefährlich angesehen und überdies versiegeln Ablagerungen aus dem Wasser das Blei, sodass man auch heute bedenkenlos trinken könnte. Ich habe selbst in Deutschland in alten Häusern gelebt, deren Wasserrohre zum Teil noch aus Blei bestanden. Diese waren mit dicken Krusten versehen, das hat mir ein Klempner gezeigt, als ein Teilstück seinen Geist aufgab. Im kleinen Museum der Ausstellung wird die Gefahr für die damalige Bevölkerung etwas abgetan mit dem Hinweis: im Mittelalter seien die Menschen nur um die 30 Jahre alt geworden und hätten so viele lebensgefährliche Probleme in Form von Krankheiten, Unfällen, Kriegen gehabt, da sei Blei im Wasserrohr ihr geringstes Problem gewesen. So kann man es natürlich auch sehen.


Es gibt Museen, Kinos, Studierende – und die berühmte Kathedrale, der man aufs Dach steigen kann. 1986 war ich schon mal in Exeter, auf Interrailstopp. Im Gedächtnis geblieben waren die besonders schönen Sitz- und Kniekissen. Das hat sich nicht verändert.

Die 4000-pfeifige Orgel dagegen hatte sich nicht eingeprägt. Nicht einmal die 13 m hohen Basspfeifen und die machen wirklich etwas her!

Blick von einem der Türme.

Die Umwelttechnik der Kathedrale. Alle möglichen Parameter werden gemsssen, um gegebenenfalls einschreiten zu können. Die Kathedrale ist ohne Umwelttechnik 1000 Jahre alt geworden, doch aus Sandstein erbaut, der ist empfindlich. Es gibt wie in Köln und anderen Kathedralenorten eine Dombauhütte, die permanent Türmchen und Verzierungen ersetzt.

Auf dem Deckengewölbe, 100 m über dem Erdboden. Der Beton ist aus dem 19. Jahrhundert (jawohl) und sollte das Bauwerk stabilisieren. Heute dienen die so entstandenen Wannen der schnellen Wasserversorgung im Falle eines Brandes.

Detail der 160 Balkenpaare des Daches, des längsten seiner Art in der Welt. Man sieht einen eisernen A-Rahmen, der ist natürlich aus neuerer Zeit, man bemerke aber auch die extreme Linksneigung der Holzbalken. Ursprünglich waren alle Stämme senkrecht angeordnet. Man vermutet, ab dem 17. Jahrhundert fing die Konstruktion an, sich zu neigen, man weiß jedoch nicht, warum. Durch Maßnahmen wie den Eisenverstrebungen wurde seit 200 Jahren versucht, der Neigung Einhalt zu gebieten. Mit Erfolg, seit Jahren beobachtet man keine Veränderung mehr.

Im Querschiff mit astronomischer Uhr und Lettner.

Ein Grabmal in guter Lage mit Englein bestückt.

Figuren über Figuren an der Fassade. Die unteren haben manchmal keinen Kopf mehr – Bilderstürmer waren am Werk. Doch nur halbherzig. Die Kathedrale war unter Heinrich VIII. kein Kloster, folglich wurde sie auch nicht aufgelöst / befeindet und im Bürgerkrieg, als Exeter zu den Parlamentariern hielt, war man anscheinend zu viel mit der Belagerung durch die königstreuen Truppen beschäftigt, um Statuen zu zerschlagen. Man wurde schnell eingenommen, die so genannte Kavaliere gewannen die Rundköpfe (die Spitznamen hatten was mit den Frisuren zu tun) und das war’s dann in dieser Sache.


Unkriegerisch endlich mal ein Pubfoto:

Handarbeit(en)

Reifen aufpumpen

Unser Auto sieht nicht nach Scheckheft gepflegt aus, ist es aber, die Technik stimmt. Bis auf die Reifen, die sind mir seit langem ein Dorn im Auge. Sehen immer schlapp aus. Nun noch schlapper, besonders der rechts hinten. Es ist nicht gut, zerknautscht durch die Welt zu schlappen. Da ich noch nie auf einer Tanke Reifen gefüllt habe, wollte ich das nicht riskieren. Womöglich platzt dann ein Reifen. Wozu haben wir auch diese bewährte Fahrradstandpumpe mit verschiedenen Adaptern.

Zuerst herausfinden, welcher Druck empfohlen wird und welche Fehler man vermeiden sollte. Folgendes: 0,2- 0,3 bar zu viel sind grundsätzlich kein Problem; man sollte es aber nicht übertreiben; und man sollte die Reifen in kaltem Zustand aufpumpen, nicht nach einer langen Fahrt. Geht doch.
Als nächstes, welchen Fahrzeugtyp fahren wir überhaupt? Es stellt sich heraus, zu wissen, dass es ein Skoda Fabia ist, genügt nicht. Es gibt viele Fabia-Modelle, dazu unterscheiden das Handbuch und der Aufkleber im äußeren Tankdeckel noch zwischen verschiedenen Hubraumgrößen, ohne zu spezifizieren, in was ich nun eigentlich sitze. Sehr irritierend. Bevor mich das Halbwissen vom Tun abhält, einfach Mittelwert nehmen – die Unterschiede sind nicht so groß – und ran an die Reifen.  Die vorhandenen Radkappen sind peinlicherweise bereits in den ersten Nutzungsjahren (Gebrauchtwagen) eine nach der anderen abgefallen. Wir haben es nicht mal bemerkt und – ohne es zu wollen – die Landschaft verschandelt. Nun sieht man nichts als korrodierte Felgen. Die Ventilkappen sind aber alle dran und siehe da, als erste positive Überraschung: die Messingventile sind nicht nur sauber, sondern glänzen wie fabrikneu.
Ich beginne mit einem der volleren Reifen, werde kurz abgelenkt von einem Passanten, der meine Standpumpe bewundert und: Luft rein. Man kann an seinem eigenen Auto selber was machen, ein tolles Gefühl. Trotz meines hoch technologischen Gerätes geht das Pumpen sehr in die Arme. Ich belasse es deshalb bei gut 2 bar und passe zwei weitere Reifen an. Nun zu dem Sorgenkind rechts hinten. Die Druckanzeige schlägt nicht einmal aus, das sieht nicht gut aus, ich schließe dreimal das Ventil erneut an, weil ich es nicht glauben kann. Ist der Reifen tot? Immerhin schleift er nicht auf der Erde. Als ich anfange, Druck zu machen, siehe da, da geht was. Die Anzeige fängt an, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Motiviert pumpe ich über 2 bar. Will man nicht jeden Tag machen, doch die Muskeln vom Glockenläuten helfen hier weiter.

Apropos Glocken

Es gibt die schweren Kirchenglocken und die kleinen Hand bells, die man, wie der Name schon sagt, in der Hand hält. Man läutet sie aus dem Handgelenk auf und ab: nach oben ist der Handzug, nach unten der Rückzug. Klingt erst mal okay, doch erschwerend kommt hinzu: jede* Läutende hat zwei Glocken in der Hand und muss diese koordinieren! Wenn in Runden geläutet wird, ist das kein Problem, erst rechte Hand, dann linke Hand usw. Will man mehr als Runden läuten, also Methoden / Muster, wird es kompliziert. Die linke und die rechte Hand sind ja nicht immer hintereinander dran … Sehr komplex. Wieder mal Zeit, das Gehirn neu einzunorden. Ich habe es an einem Abend versucht und ja, schwierig. Doch die Anfänge sind gemacht. Zwei Glocken pro Mensch sind eine Herausforderung, auf der positiven Seite kann man sagen, sie sind praktisch: Handglocken kann man überall mitnehmen, kein Kirchturm wird benötigt. Sie klingen auch sehr schön.

Stand Schrebergarten

Der Frühling ist in ersten Blüten zu sehen, im Wetter noch nicht so sehr. Dennoch hohe Zeit, weiterzukommen in den Vorbereitungen auf die Saison. Es ist noch viel zu graben, viele Stunden, doch die ersten Samen sind gesät, damit das Buddeln ein Ziel hat. Tomaten, Lauch, Blumenkohl, alles Mögliche, unser Minikasten, s.u., ist gefüllt. Glücklicherweise waren wir im Gartencenter und haben dort nicht nur für viel Geld viele Samen gekauft, sondern zusätzlich eines dieser kleinen Plastik-Metall-Gewächsregale. Damit noch mehr wachsen und gedeihen kann. Doppelt hält besser.

Im Herbst fand ich eine Kartoffel und habe sie einfach mal eingesetzt. Nach dem Motto: Ist eine frostarme Gegend und was soll’s. Trotz des Regens / Regens und Regens ist sie nicht abgesoffen, sondern da wächst was! Dadurch ermutigt habe ich schon ein kleines Kartoffelfeld bestückt. Nicht zu tief vergraben, für alle Fälle, aber vielleicht gibt es ein paar Frühkartoffeln!

Und noch was

Neue 20 Pfund-Scheine. Seit 1. März sind alle neu in Umlauf gebrachten Scheine aus Plastik.

Batman verpasst

Es ist befremdlich, wenn man an der Bushaltestelle ein paar Schuhe findet. Man sollte meinen, jemand braucht sie … es ist noch Winter. Doch ein näherer Blick beruhigt mich: sie gehören Batman persönlich, steht hinten drauf. Bestimmt hat er sich hier nur umgezogen, nachdem er ein paar Schurken erledigt hat. Ist dann in Zivil mit dem Bus nach Hause gefahren;-)

 

Windige Zeiten?

Hier tobt der Bär, es boxt der papst im kettenhemd

Während die UK und die EU mit sich selbst, dem Coronavirus und miteinander beschäftigt sind, fegen Stürme über die Lande. Bei uns in Plymouth ein normaler Vorgang, deswegen hebt man nicht einmal die Augenbraue. Man achtet höchstens darauf, woher der Wind weht, damit man gegebenenfalls die Mülltonne in den Hof holen kann. Plymouth besteht zu nicht unerheblichen Teilen aus langen Häuserzeilen, die vor über 100 Jahren erbaut wurden. Zu einer Zeit also, als man noch eine Aufwischfrau hatte und die Lebensmittelboten zur Hintertür kamen, um Fleisch oder Gemüse zu liefern. Deshalb wurden diese Mittelklassehäuser mit einer Service Lane konzipiert, noch heute kopfsteingepflasterten Liefergassen hinter den Häusern, die es ermöglichte, das Vorne proper zu halten. Heutzutage dienen diese praktischen Lanes vor allem der Müllabfuhr. In den breiteren Lanes finden Garagen ihren Platz. Ob es dazumal ein paar Pferdeställe gab? Nicht in unserem Viertel, dafür sind die Häuser nicht groß und prächtig genug, andernorts aber sicherlich.

Es ist toll, dass moderne Müllautos durch die Straßen kommen, die Müllleute sind sehr geschickt darin, von den zugeparkten Querstraßen in die schmalen Dienstwege einzubiegen.
Doch zurück zu den Tonnen:
Man kann sie draußen stehen lassen, muss nicht an den Leerungstag denken. Der Nachteil ist, dass sie gerne vom Wind erfasst werden und umfallen. Auch wenn sie voll sind. Dies wird noch schlimmer durch die hiesige Geographie aus steilen Hügeln. Sobald also eine Tonne umgefallen ist, neigt ihr Inhalt dazu, sich weiträumig nach unten zu bewegen, das kann eine schöne Sauerei geben und ist leider ein alltäglicher Anblick. Unsere beiden Tonnen (Restmüll und Recylingmüll) stehen auf der normalerweise windgeschützteren Seite. Ab und zu „wandern“ sie ein bisschen nach unten, bleiben jedoch aufrecht. Jedenfalls bei üblichen Windereignissen. Der Sturm Ciaran (nach Deutschland kam er dann als eine Sabine) war jedoch so stark und mit tückischen Böen versehen, dass auch wir unseren Müll wieder aufsammeln mussten. Jetzt stehen die Tonnen im Hof, der ist zu eng zum Umfallen. Ciaran hat sich längst ausgepustet, doch es folgen Sturm nach Sturm. Lieber noch ein bisschen drinlassen bei den Blumentöpfen mit den schlafenden Pflanzen und den Fahrrädern.

Ja, Wind ist hier kein Thema, Ciaran hat das Radfahren jedoch an eine Grenze gebracht, er war stärker als der Durchschnitt. Erfahrung und ein gutes Gefühl für Gleichgewicht half, um auf die aus dem Hinterhalt kommenden Windböen und Seitenwinde zu reagieren. Die Autos machten einen respektvollen Bogen, endlich passen die mal auf;-)

politische stürme

Aufenthaltsgenehmigung. In einem früheren Beitrag schrieb ich von meinem Antrag auf Registrierung als legal in den UK lebende EU-Bürgerin. Das hat geklappt, doch die Anerkennung des dauerhaften gültigen „settled“ Status („sesshaft“) besteht – aus einem Link! Mit Hilfe dessen kann man angeblich nachweisen, dass man nicht illegal ist. Immer wieder und wieder … Es gibt keinen Ausweis, kein Dokument. Ich bin nicht die einzige, die das sehr wütend macht. So zeigt man Leuten, dass man zum Menschen 2. Klasse geworden ist.

Es existiert eine Lobbygruppe, die sich für eine so genannte green card für EuropäerInnen in den UK und britische Menschen in der Union einsetzt, denn niemand hat Lust auf diese politischen Spielchen, in denen wir von einigen Kreisen als Faustpfand benutzt werden. Es handelt sich nicht um ein Minderheitenproblem, um die 4-5 Millionen Menschen sind betroffen. Ich verfolge dieses Entwicklung sehr genau und unterschreibe jede Petition dazu.

Lebensstürme

Ich will keinen Beitrag negativ beenden, es gibt genügend Schönes zu berichten. So war der 80. Geburtstag meiner Mutter zwar nicht in England, doch in Bayern eine 2-tägige Sause, an der alle ihre Freude hatten, auch die Jubilarin und das ist das Wichtigste. Happy Birthday!

Was wächst denn da?

Die weltpolitische Lage ist nicht besser geworden, in den UK schon mal gar nicht, und damit meine ich nicht den Rückzug gewisser Royals. Denn das ist eine gute Nachricht: endlich mal Leute mit Hirn. Ungeachtet aller Nachrichten, es gibt keinen Grund, nicht auf den eigenen Quadratmetern (weiterhin) nachhaltig zu wirtschaften. In den UK würde es nun heißen: ‘we’ve got exiting news!’ – “Wir haben aufregende Neuigkeiten!”

Nüchterner: es gibt ein schlichtes Allotment Update.

Denn nach Weihnachten herrschte trockenes Wetter, auf dem Allotment konnte weitergearbeitet werden.

Handschuhe, wasserfeste – leider nicht schmutzabweisende – Wanderschuhe, eine Pflanzkelle, eine Zweigschere. Dazu Forke und Spaten. Mit dieser Grundausrüstung kommt man sehr weit.

Tote Obstbaumstümpfe wie die beiden im Bild sind nicht schwierig auszugraben. Man muss nur Zeit mitbringen, es dauert ein bisschen. Hoher Befriedigungsfaktor, wenn die Stämme heraus sind!

Wir haben konstant um die 8-10 Grad und kein kaltes Ende in Sicht: mir wird gesagt, das sei typisch für Plymouth im Januar. Dazu viel Nebel und Regen aus allen Richtungen, gefühlt sogar von unten;-) Endlich werden britische Klischees erfüllt, hier ist das Wetter ENGLISCH.
Nachteil der milden Winter ist hohe Wachstumsaktivität. An der dicken Brombeerpflanze sieht man, die ersten Knospen bilden sich bereits aus. Das ist der zartrosa Knubbel in der Bildmitte. Umso wichtiger, möglichst bald einiges an Räumarbeiten zu erledigen.

Ein Rindenpfad geht nun linker Hand am Allotment entlang. Rechts davon muss noch umgegraben werden, der Eindruck täuscht, es ist nicht nur Gras, der Boden ist voller Brombeerwurzeln. Die Rinde ist praktisch. Die Stadt lädt gehäkselten Schnitt auf dem Gelände ab, zur freien Verfügung, doch man muss fix sein, die Nachfrage ist groß. Selbst um diese Jahreszeit trifft man den einen oder anderen (meist Männer) Mit-Allotmentär an. Oft, um ihre Schuppen mit frischer Teerpappe zu bedecken und eben ihre Pfade mit Rinde aufzufrischen. Da ich fast täglich vor Ort war, konnte ich mir noch holen, was ich brauchte.

Der untere Teil der Fläche ist weitgehend geräumt. Leider finden sich ganze Müllkippen. Brüchiges Plastik, das in der Hand in noch kleinere Teile auf dem Weg zum Mikroplastik zerfällt, eine alte Jacke, Kupfernieten, 1001 Glasscherben, Drahtstücke, ein Stückchen Bleidach … das meiste ist nicht mehr zu gebrauchen, aber ich sammle z.B. die Nieten. Habe schon ein paar 100 Gramm. Kupfer ist wertvoll.

Ein Drittel des Allotment ist nun abgedeckt, Beerenbüsche sind gepflanzt, Blumenzwiebeln vergraben, Feldsalat gesät. Unser letzter Coup: ein hölzernes Minigewächshaus von privat erstanden. Es ist wirklich mini, doch ein gutes Ding.

Nun ist das Wetter nass geworden, alles was Sinn ergibt, ist abgedeckt und gut beschwert wegen der zahlreichen Stürme. Ein großer Schritt ist getan, wir freuen uns auf die Sä-Saison.

verspätete Weihnachtspost

Es ist noch nicht zu spät: ein Nachgang zum 4. Advent.

Ein Ofen in Freilassing in Oberbayern glühte, es gab schlaflose Nächte, jede Menge Vorabplanung und Zusammenarbeit. Für die Teilnahme an der:

Zum 3-tägigen Weihnachtsmarkt in der Lokwelt Freilassing (Eisenbahnmuseum an der Grenze zu Salzburg) buk ich viele viele Plätzchen in der Küche meiner Mutter. Dazu traditionelle englische Mince Pies. Das sind mit Trockenfrüchten gefüllte Mürbteigtörtchen, in denen sich KEINE Minze befindet, der Name kommt von “zerkleinerter Masse”, früher Fleisch, heute Rosinen und Co. mit etwas Fett und Zucker. Die Mince Pies fehlen auf keiner, wirklich gar keiner vorweihnachtlicher Veranstaltung in Großbritannien. Das kann man gar nicht genug betonen. Sie sind außerhalb relativ unbekannt, denn außerhalb der – auch hier Ende August beginnenden – Kommerz-/ Weihnachtssaison sind die Mince Pies nicht zu finden.
Wegen der Authentizität des Gebäcks schleppte ich sogar Christmas Cake, der durchziehen muss und deshalb vorgebacken wurde, im Koffer aus England an. Auch hier ist in den Rezepten eine Trockenfruchtlastigkeit zu bemerken. Im Rührteig mit Mandeln und Nüssen und Orangeat dicht an dicht finden sich Rosinen, Sultaninen, Korinthen – und was einem sonst noch so an Früchten einfällt. Damit die Kuchen keine Purzelbäume im Aufgabekoffer erleben mussten, wurden sie in innen gepolsterten Blechdosen in einer nur ihretwegen ausgewählten Sporttasche als Handgepäck transportiert. Ich war felsenfest davon überzeugt, an der Sicherheitsschleuse im Flughafen gesondert “durchleuchtet” zu werden. Überraschung: sie gingen glatt durch. Weihnachtskuchen in Dosen hatten sie wohl schon öfters im Scanner.

Besonders beliebt im Verkauf in England und in Bayern: die englischen Ingwer-/ Gewürzkekse. Englischsprachige Ingwerkekse. Es handelt sich um ein Rezept, das ich vor Jahren von einem australischen Blogger aus dem Internet gezogen und leicht abgeändert habe. Passt, wackelt und hat Luft. Den richtigen Riecher gehabt, dieses Rezept ist ein Renner. Könnte ich jeden Tag essen.

Am Flughafen wurde ich also nicht gefilzt, doch selbst gefilzt habe ich dies:

Die Füße der Mini Christbäumchen hat mein Vater aus Ästen geschnitten und die Stämme, bestehend aus Bleistiftstummeln, darin eingesetzt. Die Verzierungen bestehen aus Perlen, die ich teilweise seit meiner Kindheit habe. Besser als jeder Modelleisenbahnwald!

Plätzchentüten vor der riesigen Modelleisenbahn. Im Hintergrund eine der Lokomotiven der Lokwelt. Angebot schlägt jedes Bordbistro;-)

In Supermärkten heißt so etwas “non-food” Abteilung. “Nicht-Speisen”; bei meiner Schwester und mir besteht die nicht essbare Ecke unseres Standes aus selbstgestrickten bzw. gehäkelten Spül-Lappen, gefilzten Christbäumen, Fröbelsternen aus Papier und Geschenktüten. Erste Klasse.

In Nordengland habe ich einen Teil meines Geldes als Marktbäckerin verdient. In Plymouth strebe ich das nicht mehr an, doch zum Abschluss fand dieser als bayerisch-englische Weihnachtsbäckerei angekündigte Stand statt.
Insgesamt ein recht erfolgreicher Markt. Dazu nette Gespräche mit alten und neuen Bekannten und das Gefühl, die harte Arbeit hat sich bezahlt gemacht. Eine vollere Kasse als zuvor ist immer ein guter Hinweis.

Mein Dank gilt meiner Familie, die bei dem anstrengenden Spaß / Ernst mitgemacht hat! Und der Kundschaft. Und der Organisation der Lokwelt.

Cheers und Servus!

So lasst uns denn … was pflanzen

Nach dem Prinzip Zuversicht, dass sich die politische Lage – wie auch immer, doch jedenfalls – gut oder gut genug gestalten wird, hatten wir uns um ein Allotment (Schrebergarten) beworben. Wir haben keinen Garten, sind jedoch für gutes Gemüse zu haben und in den Fingern juckt es, wir wollen in der Erde graben.
Ein Allotment übernimmt man nicht, wenn man eine Parzelle nicht mindestens, also absolutes Minimum, zwei Jahre beackern möchte. Besser fünf. Und schon gar nicht dieses Areal:

Blick von unten

Blick von oben

Denn, AUTSCH, nach 3 Monaten Wartezeit wurde uns das obige Grundstück angeboten, vielleicht 5 x 15 Meter, Südhang (in Plymouth ist alles irgendwie „Hang“), Randstück mit netter Steinmauer am unteren Ende. Das nächste Haus steht dann nordwestlich, nimmt kein Licht weg. Das Gelände ist in 15 Minuten zu Fuß zu erreichen, auch das ein Pluspunkt.

Wie man jedoch sieht, ist hier einiges zu tun, bevor man ein paar Böhnchen oder Zwiebeln ernten kann. Gegen das Gras und die Brombeerranken hätten zarte Gemüsepflänzchen keine Chance, hier muss die Forke ran und zwar gründlich.
Der Jahresvertrag läuft erst ab Januar, wir haben folglich 13 Monate und können jetzt für das Frühjahr vorbereiten. Ein idealer Zeitpunkt für ein Allotment im hiesigen milden Klima.

Die ganze Anlage umfasst vielleicht 80 Parzellen, erste freundliche Kontakte mit Mitschrebernden gab es bereits. Wir werden allgemein als mutig angesehen, uns dieses Grundstücks anzunehmen …

Die Südmauer

Müll sammeln gehört bei einem alten Garten zum Grundsätzlichen (und ist nicht so anstrengend wie das Ausgraben von massiven Brombeerstöcken). Ein Vorteil: das Schatzgräbergefühl. Einen Löffel habe ich schon gefunden.

Kommen wir zu den Nachteilen: Die alten Allotments waren RIESIG, mehr was für Selbstversorgende. Deshalb werden sie für Neuschrebernde in zwei Teile geteilt. Unser Stück hat NICHT den baufälligen Schuppen. Ein baufälliger Schuppen wäre besser als gar keiner, kann man reparieren, denn irgendwie will man sein Werkzeug auch wegpacken oder die Handschuhe trocknen lassen. Unsere Hälfte war die Obstwiese??? oder Ähnliches. Davon sind nur Brombeeren und alte Äste übrig geblieben. Die Stadt hat die Brombeeren und alles dazwischen abgeschnitten, das war es aber auch schon.
Diese ganze Ecke der Anlage besteht, wir mir gesagt wurde, aus Parzellen von langjährigen Schrebernden. Drei dieser Leute sind offenbar in die Jahre gekommen, ihre Grundstücke sind verwildert. Unser Stück befindet sich zwischen den beiden anderen zugewachsenen. Die Stadt will die Nachbarn auffordern, ihre Plätze in Ordnung zu bringen, ihre Bäume / Büsche schaffen jedoch Windschutz und hoffentlich viel natürliches Leben, das stört nicht weiter und man hat seine Ruhe.

Unsere Lösung für dieses Stückchen Erde: Muskeleinsatz und ABDECKEN, hier muss man reinen Tisch machen und von vorne beginnen.

Beim Ab”schneiden” der Planenstücke kam ein Brenner zum Einsatz, mehr ein Flammenwerfer;-) wir haben es aber hingekriegt.

Der alte Kompost war überwachsen und der Rahmen bricht zusammen, er enthält aber viel nützliche Erde. Hier sieht man: Der erste Meter ist in der Breite umgegraben und mit Kompost aufgefrischt.

Die seit einem halben Jahr in Blumentöpfen dahinvegetierenden Beerenbüsche haben eine neue Heimat gefunden. Man sieht die kahlen Zweige im Mittelgrund, umgeben von Häckselschnitt, den die Stadt zentral in der Anlage anliefert. Die GartlerInnen können ihre Pfade und den Boden rund um Beerenbüsche abdecken, die Stadt bekommt ihren Schnittabfall entsorgt: da gewinnen alle.

Wir sind zuversichtlich: Nächstes Jahr wachsen hier Gemüse und Blumen und es wird ein kleines Kunststoffgewächshaus zum Vorziehen kleiner Keimlinge – und für die trockenen Handschuhe – geben. Man könnte auch noch ein paar Tulpen und Narzissen einsetzen …

Fast aktuelles Bild:

Drei Meter sind vorbereitet, zwei davon abgedeckt. Der Frühling kann kommen.

Morgen

Na, ja, nicht ganz, aber bald, im Dezember, wird es Wahlen geben. Da wir nicht mitwählen dürfen (Pass hat die falsche Farbe), habe ich wenigstens einen anderen Verwaltungsakt ausprobiert: die Registrierung als EU-Bürgerin. Das ist aufwendiger, als es klingen mag: es ist im Prinzip eine Bewerbung um die Anerkennung, dass man hier seit über 5 Jahren lebt. Dies muss man nachweisen und zwar bis zum 30. Juni 2021. Auf der Regierungsseite findet sich die Zusatzbemerkung, falls es zu einem Austritt ohne Deal kommen sollte, muss man es bis zum 31. Dezember 2020 erledigt haben. Noch viel Zeit, doch aufgeschoben wird’s auch nicht besser.

Interessant ist die technische Ausstattung, es geht über eine App, mit der frau und ihr Pass über die Zahlungsschnittstelle identifiziert werden. Das eigene Handy tastet das Gesicht ab. Sehr Science Fiction. Nach dem Hochladen einiger Adressbelege aus den letzten Jahren warte ich nun auf das Ergebnis / weitere Fragen, das / die angeblich von einem Menschen, nicht von einer Maschine, auf mich zukommen werden.

Raus an die Luft

mag dann die Devise heißen, ein Gang über Dartmoor bläst das Gehirn wieder frei:

Leat (Wasser sammelnder Kanal), der in ein Reservoir führt. Starke Strömung, ich konnte dennoch etwas Stationäres, Glänzendes schimmern sehen und habe bäuchlings liegend ein niederländisches 5-Cent Stück aus dem Wasser gefischt.

mittelalterliches Wegekreuz

So Landschaft halt. Schön.

Und noch ‘ne Runde Sache

Das Murmelhaus (House of Marbles). Unterwegs gesehen, sofort gesagt: da müssen wir rein, sieht interessant aus. An diesem Ort wurde seit Jahrhunderten so manches produziert: Keramiken, wozu es ein echt nettes Museum gibt. Vielleicht auch Glasmurmeln. Heute stellen sie Spiele her und eine echte Glasbläserei gibt es noch. Allerdings mehr für Gefäße, Figuren, Briefbeschwerer.

Steht noch: von außen befeuerter Töpferbrennofen.

Ein Murmelwerk von einem Schweizer Künstler. Zuschauen hat hypnotischen Wert!

Murmelparadies!!!!

Gar nicht so alte (1982) Murmelmaschine (Murmelator? Murmelschöpfer? Klickerautomat? Murmelformer?) aus Amerika. Auf youtube kann man sich ansehen, wie sie funktioniert. Denn falls sie mal bei der Sendung mit der Maus gewesen sein sollte, hätte ich diese Folge verpasst: bereits rundliche Glastropfen werden oben an der Schräge aufgegeben, die Maschine transportiert sie langsam nach unten (immer in der Mitte zwischen den rotierenden Walzen), damit sie nicht miteinander verkleben und langsam abkühlen können.

All diese Dinge kann man für umsonst ansehen. Allerdings führen die Wege durch Spiele und Murmeln hindurch: Ein paar Murmeln sind eine schöne Art, Eintritt zu bezahlen;-)

Gestern, heute

Während das politische Schauspiel in Westminster weiterhin erstaunliche Volten schlägt, schauen wir nach, was Leute früher so gemacht haben. Im Wortsinn: gemacht, produziert, gebaut, geprägt.

Der staatlich unterstützte Seeräuber

Zuerst ein Blick in die fernere Vergangenheit: das Haus von Francis Drake. Drakes Persönlichkeit wurde von der enormen Persönlichkeit Elisabeths der Ersten nicht in den Schatten gestellt. Wenn man seine Geschichte liest, gewinnt man den Eindruck, der Haudegen wurde ab dem 16. Jahrhundert nur deshalb erfunden, damit man später fesche Piratenfilme drehen konnte. An die Männer in den kurzen Pluderhosen kann ich mich allerdings nicht gewöhnen. Drake hat die Welt umrundet, die Armada besiegt, Plymouth mit einem Frischwassersystem versorgt …
Er war “a local boy”, ein heimisches Gewächs, aus dem Plymouther Hinterland, allerdings aus einfachen Verhältnissen. Sobald er zu Ruhm, Ehre und viel Geld aufgrund einer Kaperfahrt gelangt war, kaufte er das seinem bescheidenen Elternhaus nächst gelegene Herrenhaus, Buckland Abbey = Abtei.

Die Abtei war erst Jahrzehnte vorher von Heinrich VIII enteignet und zum Wohnhaus umgebaut worden. Sie liegt in einer kühlen, friedlichen, grünen Geländefalte versteckt wie viele Klosterruinen, die man besuchen kann. Es sind häufig Orte mit Atmosphäre. Buckland Abbey ist eine der wenigen, die weiterhin genutzt wurden, die meisten Anlagen wurden als Steinbrüche benutzt.

Der Umbau hat einiges der Substanz der Kirche erhalten, auch wenn es von außen nicht sehr ersichtlich ist.

Die meisten Fotos sind nix geworden, deshalb nur diese zwei:

der erfolgreiche kaufmann

Gehen wir noch ein paar Jahrhunderte zurück, ins Mittelalter. Oder doch nicht?

Dies ist Castle Drogo. Es sieht aus wie eine Mischung aus Bauhaus und 11. Jahrhundert und wurde tatsächlich um 1930 fertig-gestellt. Das neueste und bislang letzte Schloss Großbritanniens. Die Stoßrichtung war klar: eine Burg würdig des Bauherren Vorfahren, einem gewissen Drogo, der mit Willi, dem Eroberer, von Frankreich herüberkam.

Der kleine Schönheitsfehler an der Geschichte ist, der Ahnenforscher hat Murks gebaut: es gibt keinerlei Verwandtschaft mit diesem Drogo oder anderen normannischen Eroberern. Ich weiß nicht, ob der Bauherr davon zu Lebzeiten Kenntnis erhielt. Ich hoffe nicht.

Die Burg jedenfalls ist eine Schau. Sie wurde vom, wie man hört, berühmten Architekten Landseer Lutyens geplant und aus Granitmauern und Betondecken errichtet. Jedes Detail wurde durchdacht. Die Burg gibt vor, aus verschiedenen Epochen zu stammen = jede Generation habe daran weitergebaut. Es finden sich ein normannischer Turm, ein elisabethanischer und ein Anbau mit Dachterrasse im Stil des frühen 19. Jahrhundert. Die handwerkliche Qualität ist vom Feinsten. Bei dem Ganzen wurde auf Proportionen geachtet und es wurde tatsächlich als “Einfamilienhaus” genutzt, diente nicht nur repräsentativen Zwecken.

Dumm altvordern ist die Anlage jedoch nicht, von Anfang an gab es eine auf Kohle basierende Zentralheizung (heute ein Blockheizkraftwerk) und Elektrizität. Die massiven Steinquader wurden vor dem Einbau mit den nötigen Bohrungen versehen.

Lichtschalter in den Stein eingepasst.

Hier wurde kein Stein auf den anderen gesetzt: der facettenreiche Stein in der Mitte des Bildes ist maßgeschneidert. Wenn man die gelblichen Fugen verfolgt, sieht man, hier ist nichts geschichtet, alles aus einem Granitblock gehauen.

Die “Mitte” des Schlosses mit handgearbeiteten Dielen. Von hier aus wurde die Anlage vermessen.

Es stehen einige Prunkstücke herum.

Schöne Aussichten.

Hauskapelle mit Klostergärtchen.

Schuhabstreiferigel;-).

 

 

 

Ins Zentrum der Macht

Geographie und deren Wahrnehmung sind oft zwei verschiedene Dinge. Wie würden wir z.B. die Umrisse des UK zeichnen? Sind wir uns der gestauchten Form der Insel bewusst? Bezüglich eines Londonbesuches zeigt die Logistik auf, es ist besser im Nordwesten zu leben als im Südwesten. Chester – London, ab 2 Stunden mit dem Zug, Plymouth – London fast 4 Stunden.

Aus Budgetgründen nahm ich am zweiten Oktober den Bus, der braucht fast 6 Stunden. Für den unschlagbaren Preis von 15 GBP hin und zurück nehme ich nicht nur die längere Fahrzeit in Kauf, sondern auch die Tatsache, dass mir beim Lesen im Bus schlecht wird. Filme auf dem Handy schauen scheint besser zu gehen, doch ich habe kein passendes USB-Ladekabel für die viele Zeit dabei = das Reisezubehör der geübten Busreisenden muss ich mir noch zulegen. Die moderne Reisende hat immerhin ein Nackenhörnchen, dann wird eben gedöst.

Große Kunst

Warum 11-12 Stunden Autobahn für 5 Stunden Großstadt? Wegen Helene Schjerfbeck (Scherbeck ausgesprochen). Die außerordentlich begabte finnische Malerin wurde von Kind an ausgebildet und ging zeitlebens Experimente ein bezüglich Stil, Farbauftrag, Komposition, Struktur. Sie wurde vom Impressionismus, dem Expressionismus, der Moderne inspiriert, die zu ihren Lebzeiten stattfanden. Auch die Vergangenheit wurde mit einbezogen. Im Auftrag der finnischen Nation kopierte sie europaweit alte Meister, da Finnland keine eigenen Bilderbeispiele im Land hatte, diese der Bevölkerung jedoch zugänglich machen wollte.

Dieses Marienbild ist ein Beispiel dafür, wie sie sich von El Greco beeinflussen ließ.

 

Ausstellung im Burlington Haus, in der Royal Academy.

Selbstporträt vor schwarzem Grund ist ihr bekanntestes Bild und der Grund, warum ich hier bin. Einmal in einem Buch gesehen und nie vergessen.

Helene Schjerfbeck starb 1946. Selbstbildnisse sind ein wiederkehrendes Motiv, sie schreckte nicht davor zurück, sich bis ins hohe Alter zu malen. Fast wie eine Totenmaske die letzten Bilder.

Eines der mutigen Altersbilder.

Porträt einer anderen Frau.

Ein Still-Leben.

Wäsche liegt zum Trocknen aus.

Dies sind nur Beispiele für das reiche Schaffenswerk.
Während ich die Ausstellung besuchte, kamen SchülerInnen herein, die in selbst gefertigten Heften von Bildern ihrer Wahl Skizzen machten. Diese Heftchen werden “zines” genannt, das sind Kunst-Büchelchen mit einer Auflage von oft 1, wenn man sie nicht nachkopiert. Die zines sind kunstvoll gestaltet bzw. werden mit Kunst gefüllt. Schön war, etliche der Jugendlichen konzentriert auf dem Boden hockend bei der Arbeit zu sehen. Überhaupt sollte man sich mal ins Museum setzen und etwas nachmalen. Warum nicht? Rembrandt wird man dadurch nicht, aber es bereichert den Blick und die Hand. Also für das nächste Mal: Papier mitnehmen. Für den Eintrittspreis darf man schließlich in Ausstellungen so lange bleiben, wie man möchte.

The big smoke (der große Rauch, alter spitzname londons)

Vor 5 Jahren war ich das letzte Mal in der Stadt. Wie immer ein SCHADE, dass ich nicht öfters komme. Jeder Spaziergang zeigt neue Perspektiven. Das alte Zentrum des Imperiums ist unglaublich imposant. Beeindruckend, gepflegt (im Zentrum zumindest), schön, arrogant.

Und witzig:

Schild gesehen, abgelichtet, später nachgeforscht. Es handelt sich nicht um Sport, sondern um einen trendy Bierkeller deutscher Machart. Wie authentisch, weiß ich nicht. Vermutlich nicht sehr;-)
Im Hintergrund sieht man an dem Gebäude, auch im Zentrum gibt es Bausünden. Fast daneben jedoch diese Kirche:

Ein Vorteil der Busreise ist, er kommt anders in die Stadt als ein Zug, neue Viertel und Themseblicke können bei dieser preiswerten “Stadtrundfahrt” entdeckt werden. Der Flussabschnitt mit dem Millenniumsriesenrad befindet sich jedoch in der bekannten Innenstadt, nahe dem Parlament. Seit einigen Jahren wird es nicht mehr von einem Energieriesen gesponsert, sondern von einer Getränkemarke. Mit diesem Getränkenamen kommt das Rad dann auch im Internet hochgeploppt. Kapitalismus.

Eine coole Bar mit willkommenden Cocktailgläsern auf einem Boot. Schade, dass nicht mehr Zeit bleibt. Alleine trinken macht eh keinen Spaß.
Und es sind die berüchtigten Londoner Preise zu bedenken …

 

Regent Street mit U-Bahnstation.

Um den Eaton Place herum. Die Älteren erinnern sich: Das Haus am Eaton Square lief, wenn die Erinnerung nicht trügt, sonntags am frühen Abend in Abwechslung oder vor/nach der Onedinlinie, Bonanza und den Waltons. Wenn die Oma zu Besuch war, durften wir das mitschauen. Raumschiff Enterprise durften wir auch so mal schauen, hat die Oma nicht interessiert;-)

Ohne Bild: Vor dem Parlament einige “Leave heißt Leave”-Plakate und “Wir haben euch geglaubt”. Heute keine Drinbleiben-Plakate.
Big Ben ist eingerüstet, Teil des 10-20 Jahre andauernden Renovierungsprozesses.

Um die Ecke dieses sehr teure Denkmal, um die 2 Millionen Pfund, von 2005. Es soll der Frauen im Zweiten Weltkrieg gedenken. Leere Kleidung verschiedener Berufe oder Lebensumstände, um zu zeigen, welche Rollen die Frauen übernahmen und zusammen mit der damit verbundenen Verantwortung nach dem Krieg an den Nagel hingen und wieder an die Männer zurückgaben.

Selten so ein gruseliges Denkmal gesehen. In dem Sinne erfüllt es seinen Zweck, doch ob es so gemeint ist? Von einem Bildhauer übrigens. In diesem Fall, da es um die Leistung und Zurückdrängung von Frauen geht, wäre eine Bildhauerin die sensiblere Wahl gewesen.