Viele Blumen

Britischer geht nicht: Arbeiten auf der Tatton Blumenschau der Königlichen Gartengesellschaft (klingt riesig, ist einfach der britische Gartenverein. Hier ist halt alles gleich “royal”).

Hereinspaziert: mit Floristin Janet vor der Tür zu unserem Mini-Ausstellungsschuppen (fast ein Schüppchen). Die meiste Floristik findet jedoch um das Häusl herum statt, s.b. Bilder weiter unten.

Chelseaschau ist die bekannteste dieser urenglischen Institutionen, der Blumenshows. Wochenlang berichtet dann das Fernsehen von prämierten Gärten, Rosenzüchtern, stellt Gartendesigner und ihre Geschichten vor und vor allem die ganzen Berühmtheiten, die sich gerne vor einem schicken Schilfgarten fotografieren lassen und in die Kamera flöten: Oh, Gärtnern ist sooo faszinierend.
Hinter dem Glanz und der Hascherei der Blumenzüchter, ihre Kreationen prämiert zu erhalten, denn das ist wirklich was wert fürs Geschäft, stecken Millionen von Gartelnden, es gibt eine echte Basis fürs Gärtnern. Viele Privatgärten im Land sehen völlig daneben aus, staubiges Gras und dergleichen, ebensoviele Gärten andererseits sind gestaltet oder zumindest finden sich nette Rabatten oder ein Alpinum oder ein Schattengarten. Oder man ist verrückt ist nach Dahlien, Astilben, Krokussen oder sonstigem, ohne auf das Design besonders zu achten. Egal was man macht oder eben nicht macht, das Interesse an allem Wachsenden und dem Zubehör wie Handschuhen, Gummistiefeln oder Landleben ist riesig.

Neben Chelsea gibt es weitere Schauen, regionaler, die es in die regionale Presse schaffen, aber auch extrem populär sind. Tausende von Besuchenden und das jedes Jahr.

Unsere Schau, auf dem Gelände des Herrenhauses Tatton in Ostcheshire ist eine Traditionsschau. Vor ein paar Jahren Besuchende, dieses Jahr als Freiwillige, eine Schicht Stand- bzw. Schuppenbesetzung bei meiner Chefin Carol und ihrem Netzwerk. Dafür komme ich umsonst rein und wir treiben noch eine Freikarte für Klaus auf. Er ist interessiert, sich so etwas mal anzusehen, aber nicht sicher, ob der hohe Eintrittspreis von ca. 32 Euro für einen Nichtgärtner lohnt. Das Netzwerk heißt Flowers from the Farm (Blumen vom Hof) und bewirbt britische Blumen, also nicht vom Holländer eingekaufte. Dahinter steht die Idee, man sucht für eine Hochzeit oder sonstige Gelegenheit auf deren Webseite die Gärtnerei, die einem am nächsten gelegen ist, und nimmt Kontakt auf.

Das Thema des Netzwerks dieses Jahr: Blumenarragements und Kunst. Der Schuppen wird von Tatton gestellt, eine Galerie sponsort die Zusammenarbeit mit einigen Kunsttreibenden. Dazu noch andere Kontakte und Ideen und aus dem Ganzen wird ein Gesamtkunstwerk, in das (inklusive Anstreichen) sehr viel Arbeit geflossen ist. Obwohl auf der Schau so viele schöne, interessante und abgefahrene Sachen zu sehen sind (s.u.), gehört dieser kleine Schuppen zu den meistfotografierten Ständen.

Keine Gartenschau ohne Gummistiefel.

Witzig und phantasievoll: von Schulen gestaltete Gärten:

Gruselig: eine Fliege (oder so etwas) im Floristikzelt der erwachsenen BlumenarrangeurInnen:

Noch ein Schmankerl: Klaus fand Zeit, sich für die begehrte Schmetterlingskuppel anzustellen:

Anders als bei dt. Gartenschauen kann man die Ware hier auch kaufen: also prämierte Züchtungen, Kleidung, auch unprämierte, ganz normale Pflanzen. Die sind dann billiger. Für die Einkäufe werden Plastikcontainer auf Rollen bereit gestellt und eifrig genutzt. Es ist ein schönes Bild, überall nickende Indianernesseln oder Gartenornamente herauslugen zu sehen. Was habe ich besorgt? Nützliches. Topfhalter, und, im Landlebenzelt, Topflappen aus Silikon (endlich) und Senfketchup, den wir mal in einem Restaurant bekommen haben und der uns geschmeckt hatte. Man findet auf einer Schau IMMER etwas.

Ode an Whitby

Oh, Whitby, du Ferienort, du besuchbarer.
Hier schmeckt das Softeis, hier stehen die Abteiruinen großartig auf den Klippen, hier fanden Kapitän Cooks Lehrjahre statt und finden sich die besten Fish & Chips Buden der Insel – und dadurch der Welt.

England ist schön, das sollte angesichts der lustigen (jetzt wirklich lustig im Sinne von lachen) politischen Lage nicht vergessen werden. Zu Recht besuchen viele Englische England in ihren Ferien (so wie viele Deutsche nach Deutschland fahren). Wir picken uns die schönsten Plätze aus, indem Klaus dort ein Schachturnier besucht und ich als Trittbrettfahrerin die Gegend erkunde. Dieses Mal ist es Whitby, Ostküste, für das wir gerne an dieser Stelle Reklame machen.

Whitby liegt geschützt in einem tiefen Einschnitt in der Mündung des Esk. Vorne die Nordsee, hinten das Moorhochland, das heute ein Nationalpark ist. Links und rechts der Steilküste entlang befinden sich nur kleine Fischerorte, heute Bade- und Segelbuchten. Für die abgelegene Lage war hier immer ganz schön viel los. Seit keltischer Zeit sind Siedlungen und Kirchen belegt, die Abtei von Whitby war eines der theologischen Zentren in der Zeit vor 1000, in einer Reihe wie Iona oder Lindisfarne – das Wissen und Denken des Vormittelalters. In der Abtei von Whitby entschied man sich, Ostern auf die römische Tradition zu legen, nach dem ersten Frühlingsvollmond. Solche Fragen fand man damals enorm wichtig, es wurden aber sicher auch wirklich interessante Fragen bedacht, diskutiert und bebetet.

Blick aus dem Pensionsfenster.

Heute, Fischerei (Whitby ist bekannt für hervorragende Fish & Chips, jede Bude und jedes Restaurant haben Auszeichnungen vorzuweisen) und Tourismus. Für eine Strandhütte verlangen sie 30 Pfund am Tag, die Woche kostet 115. Viel oder wenig, das ist die Frage? Man nennt die Hütten Chalets.

Die Abtei war ein Hort des Wissens. Auch ein Hort der Gleichheit? Die Pfarrkirche St. Mary’s, davor gelegen, wurde ebenfalls im Mittelalter errichtet und zwar weil die Abteikirche (Benediktiner) nicht für das gemeine Volk war. Man sah sich wohl nicht als Seelsorgende, sondern hat einen Frater rausgeschickt in das normale Leben.

 199 Stufen bis zur Abtei. Vor der Ruine St. Mary’s.

Geschleift wurde die Abtei natürlich von Heinrich dem 8., dem vieles anzulasten ist, so auch dieses. Der Legende nach hat er dazu die Glocken beschlagnahmt und per Schiff nach London schaffen wollen, um sie zu „versilbern“, doch das aufnehmende Schiff sank bei spiegelglatter See noch vor Whitby. Manchmal hört man sie unter Wasser tönen. Und die Einheimischen haben sich gefreut.

Die 10 Glocken der Pfarrkirche dagegen sind noch da, ich habe sie am Sonntag mitläuten dürfen.

Nicht unsere Pension bewachen diese silbernen Löwen, machen sich aber gut.

Der traurigste Anblick der Stadt? An der Fenstertheke eines Cafés auf einen Cappuchino wartend, einen Obdachlosen beobachtend. Der bleibt ein paar Meter weiter länger stehen, bis er denkt, niemand guckt, dann bückt er sich und schiebt sich das große Stück Quichekruste, die dort liegt, in den Mund und geht weiter, gierig kauend.

Ein Pirat geht auch vorbei, in der Hand entweder ein kleines schwarze Etwas, entweder ist es ein elektronisches Megaphon oder ein schwarzer Thermosbecher.

Was kann man hier machen? Auf der Steilküste wandern, sogar baden, essen, Eis essen, einkaufen, an Spieleautomaten gehen, Minigolf spielen, auf den kleinen Leuchtturm steigen, eine kleine Bootsfahrt mit einer verkleinerten Replika von Kapitän Cooks Schiff machen (halbe Stunde und mit Bonus: ein Delphin unbekannter Art zeigt sich).

Berühmt ist Whitby für Jet- oder Gagalschmuck, das ist ein glänzender Kohlestein, also festes Erdöl, wenn man so will. Sieht gut aus, ist aber leider teuer. Als Mitbringsel müssen die schönen Erinnerungen genügen.

Whitby unsichtbar in seiner geschützten Flussmündung. Von ferne sieht man nur die Abteiruine als Schattenriss über dem Kliff stehen. Von der Steilküste aus erlauben die Bachläufe  den Zugang zu geschützten Buchten.

Die Möwen sind noch nicht falsch erzogen. Man kann seine Fish & Chips essen, man wird dabei auch beobachtet, doch die Möwen warten auf die Reste, sie greifen nicht ins Menü ein.

Das 40% Segelschiff (heute voll motorisiert) für die Cook-Ausfahrt.