Best of Mallorca 3

Der Palast von Mallorca

Eine stolze Geschichte steckt hinter den Balearen. Jedenfalls zeugt ein schicker Palast an der Kathedrale davon.

Nicht immer best

Orttechnisch fahren wir mit den Überlandbussen (freundliche Busfahrer) alles Mögliche ab. Auch Touriorte, wir sind schließlich selber welche. Das Bild, das entsteht, liegt natürlich im Auge der Betrachterin. Port Andratx tritt jetzt an gegen Cala d’Or. Port Andratx ist ein malerisch gelegener Bootshafen in einer tief in die Berge eingeschnittenen Bucht, in dem jeder Quadratzentimeter der steilen Berghänge für (schöne) Häuser und Ferienhäuser genutzt wird. Ein Bad im grünen Meer war nur an einem winzigen Strand möglich, der Rest war mit Privatzugängen gepflastert. Da kann ich auch an den Starnberger See fahren, da komme ich auch nicht ins Wasser (Schwimmen war trotzdem schön und die freundlichste Eisdiele haben wir auch noch aufgespürt). Der Hafen war fast überfüllt mit kleineren und größeren Jachten. Nicht für jederfrau, mehr pfui als hui.

Schön anzusehen, weniger zum Verweilen. Port Andratx.

Cala d’Or dagegen ist genau das, was es zu sein vorgibt: eine künstliche Stadt. Im Osten der Insel gelegen, erstreckt sich Cala d’Or kilometerweit an der felsigen Küste entlang. Keine Hotelburgen, sondern ein- bis zweistöckige Unterkünfte von großen Ferienvillen bis zu kleinen Fenstern in bescheidenen Hotelzimmern prägen das Bild. Jetzt im Winter fast eine Geisterstadt. Strände nur, wo die geografische Lage Buchten erlaubt. Am Strand Riesenschilder für die Strandetikette, die im Sommer hier vonnöten sein muss: so wenig (feinster) Sand für so viele potenzielle Badewillige! Alle Bauten sind aus einem Guss, weiß verlehmt, leicht abgerundet, fast orientalisch anmutend. Es ist sauber und freundlich. Hierhin würde ich jederzeit einen Pauschalurlaub buchen. Das offene Café war auch ungezwungen freundlich. Erinnerungen an Jesolo oder Lignano kommen hoch;-). Und der Strand: wenn so etwas “ärmere” Leute kriegen, bin ich dabei.

Kultur

In Palma findet sich nicht nur an jeder Ecke moderne Kunst. Sondern alle drei Meter. Und auch alte Kunst, gewiss. Das ist alles lobenswert. Sicher, nicht alles für alle, aber für alle sollte was dabei sein. Es gibt auch ein Museum für moderne Kunst. Dort findet sich eine aktuelle Ausstellung zu Tourismus mit diesem interessanten Zeitzeugen:

Was mir auffiel: Die Ausgabe ist von 1973, dahin zeigt mein schwarzer Pfeil. So viele Menschen konnten sich schon damals Urlaub leisten / andere Länder möglicherweise verschandeln.
Andere Kunst gab es auch. Diese überdimensionierten Nadeln heißen Ritual. Ich weiß nicht warum, aber alle, die schon mal einen Knopf angenäht haben, sollten sie ansprechen.
Und noch ein Blick vom Dach des Museums auf die Kathedrale. Irgendwann schaffen wir die auch noch. Rechts muss man sich das Meer denken, man sieht ein paar Masten im Dunst diesen eher trüben Tages.

Best of Mallorca 2

Weihnachten
Es gibt auch Schweinchen, ein Hinweis auf Silvester?
Auf der Post

Weihnachten kam von selbst, wir mussten es gar nicht einplanen. Es ist auch kaum zu übersehen.
Wir fütterten die spanische Post mit einigen Grußkarten, die teilweise sogar noch rechtzeitig vor dem Fest angekommen sind. Wie oft in Spanien gilt das Nummernziehprinzip. Man zieht eine Zahl und wird aufgerufen. Kennen alle noch vom Einwohnendenmeldeamt, oder? (Außer denen, die die letzten 50 Jahre nicht umgezogen sind.) Gerne auch an spanischen Wursttheken üblich. Das erspart den Stress, wer zuerst in der Schlange stand oder welche Schlange schneller vorwärts geht, die gefühlt ja immer die andere ist.
Auf der Post musste man an dem Nummernziehapparat auswählen, ob man Post versenden oder abholen wollte. Die an dem Tag gezogene Ziffer für Post abholen war bereits höher als die für Post aufgeben. Zeigt, dass viel Spanische ihre Post oder jedenfalls ihre Pakete abholen. Man sieht auch keine UPS oder Amazonautos herumfahren, jedenfalls ist es uns noch nicht aufgefallen. In Plymouth beobachtet man ungelogen mindestens fünf Lieferwagen am Tag und das in unserer unbedeutenden Seitenstraße.

Ganz klar ist das Mallorquinische Weihnachtssystem noch nicht, die Straßen sind schön geschmückt, Gottesdienste finden statt, Weihnachtsmusik wird gespielt, aber die Kinder bekommen erst – und das ist eigentlich logisch – am 6. Januar Geschenke, vermutlich bessere als Weihrauch und Myrrhe (Gold wäre ja nicht so schlecht). Werden die beiden Wochen zwischen dem 24.12 und dem 6.1 einfach weihnachtlich bleiben? Wäre ja nett, mir gefällt der Lichterglanz.

Der 24.

Am 24. stolpern wir fast zufällig in einen normalen Gemeindegottesdienst in der Altstadt. Ein paar Tropfen Desinfektionsmittel auf die Hand beim Hineingehen und eineinhalb Meter Abstand pro Familie ist angesagt. Wir finden noch einen Sitzplatz auf einer einzelnen Bank in einer barocken Seitenkapelle der gotischen Kirche. Wir haben keinen Photo dabei, aber ich denke, diese Beschreibung weckt einige Bilder im Kopf.
Die Messe findet größtenteils auf Katalanisch (Mallorquinisch) statt. Die Lesung aus Jesaia wird auf Spanisch (Castellano) vorgetragen, ebenso die Fürbitten. Ein bisschen Latein kommt auch vor. Überhaupt sind die meisten Schilder und Ankündigungen auf der Insel in beiden Sprachen zu finden. Man merkt aber nichts Militantes dabei wie vielleicht in Barcelona. Die Leute nehmen sich ihre Freiheit. Die erste Schulsprache scheint (so lese ich nach) weiterhin Spanisch zu sein, wenn die Leute auch oft mallorquinisches Katalan zu Hause sprechen und Katalan ein Schulfach geworden ist.

Dann, wir sind immer noch im Gottesdienst, die große Überraschung: unter Orgelgebraus geht ein Kerzenträger einer mittelalterlich gekleideten Frau voran, die mit gezücktem Degen durch die Kirche schreitet! Eine gezogene Waffe in einer Kirche wirkt schon etwas verstörend. Sie schreitet auf die Kanzel hinauf und fängt an, in gregorianischem Stil zu singen. Acht Strophen singt die Sängerin, unterbrochen von Orgelmusik. Gänsehaut garantiert!
Hier ein Beispiel von 2007.

Wir erfahren später, es ist der Gesang der Sibylle, die den Weltuntergang ankündigt. Spanien ist nie den ganz großen Themen ausgewichen … Der Gesang ist einer dieser unwahrscheinlichen Dinge, die die Jahrhunderte überlebt haben. Und das soll sich so abgespielt haben: Im Jahr 999 dachten viele, die Welt ginge unter. Deshalb haben sich besondere Mysterienspiele (Theater an und in Kirchen gab es überall) auch in den spanischen Kirchen etabliert. Als die Welt schließlich doch nicht unterging, wollten Päpste diese Bräuche wieder unterbinden. Im Laufe der Jahrhunderte gelang dies auch. Doch der Gesang der Sibylle war so populär, dass er nicht totzukriegen war. Zumindest auf Mallorca und zu Weihnachten. Dort kann man sie nach 1000 Jahren immer noch hören. El cant de Sibilla ist sogar immaterielles Kulturerbe der UN geworden.

Noch ein bisschen Eichendorff.

Best of Mallorca 1

Wir sind nicht die ersten, die es wieder wagen, ins Ausland zu reisen. Ich habe ein Auge drauf gehalten, wie das in der neuen Welt, in der wir leben, abläuft, Formulare, Testregimes, und so weiter, und Bekannte ausgehorcht: Der Tenor lautet, es ist machbar. Dann wäre es doch schön, ein bisschen Winterlicht aufzusaugen! Nicht zu weit weg, aber sonniger als Plymouth. Wir haben uns für Mallorca entschieden, wo wir gefühlt die einzigen Deutschen sind, die noch nie da gewesen sind. Wenn Corona etwas gezeigt hat, dann, dass das Leben kurz ist und man sich erfüllbare Wünsche erfüllen sollte.

Zwischen Buchung und Abreise haben sich Coronazahlen und Reisebürokratie noch einmal verschärft, Reisen ist wieder spannend geworden. Dazu weiß man nie, ob man ankommt, denn kurzfristig kann immer ein Zug wegen Personalmangels ausfallen. Am Ende hatten wir eine absolut störungsfreie Reise (beruhigend langweilig), bei der unsere Papiere aber auch alle geprüft wurden, wir haben nichts umsonst ausgefüllt. Es ist das Zeitalter der QR- und Bar-Codes. Fliegen als Privatangelegenheit gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr, die Überwachung fand aber immer im Hintergrund statt. Wegen der Seuchengefahr ist das nun – eigentlich ganz gut so – in das öffentliche Bewusstsein gerückt.

Wir wohnen in Palma, einer Stadt mit fast einer halben Million Einwohnenden, in einem größeren Hotel mit ungeheiztem Pool. Um es gleich zu sagen: außer mir habe ich da noch nie jemanden drin gesehen. Das Wasser ist schon frisch, aber mit meiner Ärmelkanalabhärtung in Ordnung. Das Meer dagegen, in dem ich auch so ziemlich die einzige Badenutzerin bin, ist wie Plymouth im Sommer: Badewanne!

Insel erkunden

Das Mallorquinische Bussystem ist genial (und ich denke, das gibt es noch nicht lange in dieser Form): man kann es mit jeder Kredit- oder EC-Karte benutzen. Ohne Freischaltung, ohne Voranmeldung, ohne Gebühren. Offenbar haben die Verkehrsbetriebe einen Vertrag mit Visa, Mastercard und dergleichen abgeschlossen. Bei Einsteigen scannt man ihre Karte, beim Aussteigen auch wieder. Fertig. (das Wörtchen “ihre” steht mit Absicht da. Sprache muss lebendig bleiben und auch mal aufgemischt werden.)


Irgendwann stolpern wir auch über eine Karte mit der Erklärung der Tarife;-) damit wir überhaupt wissen, was uns da abgeknöpft wird. Die Insel ist in Zonen unterteilt und wenn man eine Zahlgrenze überfährt, wird es teurer. Man kann übrigens auch in bar bezahlen, das kostet aber deutlich mehr. Die Einheimischen erhalten eine Karte zum Aufladen, ihre Tarife sind noch billiger als die EC-Karten Preise.

Palma ist wunderschön und teuer wie England oder Deutschland. Lohnt aber bei der Atmosphäre, in die man eintauchen darf. Davon später mehr. Zuerst wollen wir wandern in den Tramuntanabergen im Norden der Insel. Das ist ein Weltkulturerbe, erfahren wir, man lernt jeden Tag dazu. Nach der Busfahrt und etwas wandern ist auch klar, warum: weil’s so schön ist. Wer hier nur zum Saufen hinfährt (und das ist nach wie vor der Ruf, der in meinem Kopf feststeckt), der ist selber schuld.

Wie von Vatern versprochen, die Wanderbeschilderung auf Mallorca ist vorbildlich.

Das ist der Strand des Dorfes Banyalbufar. Auf diese außerplanetarisch wirkende Bucht (zumindest bei mir) gelangt man über gut in Schuss gehaltene Treppen. In der Mitte ein Süßwasserfall. Sonst Steilküste. Sieht man nicht alle Tage.

Wandern, wo andere Fahrrad fahren. Die berühmte Serpentinenstraße über den Paß nach Sóller. Eigentlich wollen wir in die Gärten von Alfábia. Im Netz steht täglich geöffnet, der Bus hält vor der Haustüre. So weit, so gut. Ansonsten befindet sich an der Stelle nur die Einfahrt zum neuen Tunnel nach Sóller, keine Ortschaft. Am Ausstieg sieht es verdächtig ruhig aus. An Eingang dann ein offenbar seit Jahren dort befindliches Schild: von November bis Februar grundsätzlich geschlossen. In der Nebensaison rechnen wir mit allem, also auch Schließungen und Rückschlägen, deshalb nehmen wir das mit Fassung. Nun, auf den nächsten Bus in einer Stunde warten oder Plan B ausführen: neben der neuen und belebten Hauptstraße befindet sich noch die alte Landstraße nach Sóller, die berühmt ist bei Radsportelnden im In- und Ausland. Wir sprinten über den Kreisverkehr und biegen auf die erste Serpentine ein: Ruhe und Frieden. Ab und zu ein einheimisches Auto und deutlich öfter ein Rad, das uns entgegenkommt oder uns mit atemberaubender Geschwindigkeit nach oben zu überholt. Die Steigung beträgt nur um die 5%, aber 5 km weit hoch? Das will ich mir mit meinem Stadtrad gar nicht vorstellen, viel zu anstrengend. Einige der Radelnden sehen auch etwas verbissen aus, den meisten scheint es aber Spaß zu machen. Die grüßen auch freundlich. Wir treffen auf Einzelfahrer im Deutschlandtrikot. Wir schließen nach einiger Zeit darauf, es ist eine deutsche Mannschaft, die hier trainiert. Die jungen Männer gehören zu den Verbiesterten, wir ersparen ihnen den Opa- und Oma Smalltalk mit uns;-)

13 km sind es auf dieser Straße nach Sóller. Die Hälfte in der angenehmen Wintersonne durch Olivenhaine, die zweite Hälfte im Baumschatten von Pinien und Steineichen auf der Nordseite. Zum Schluss noch 2 km am Straßenrand der Hauptstraße entlang, geht aber auch. Auf Teer gegangen natürlich kein idealer Wanderweg als solcher, man ist gut beraten, geeignete Schuhe zu tragen. Aber was für ein wunderschöner Weg! Sollte in jedem Wanderführer drin stehen.