Nicht nur Neues vom “Spocht”

Die schlechte Nachricht zuerst

Das betrifft natürlich die Brexitszene. Was bei ebay, siehe bitte Wetterfühlig, geschehen ist, ist überall. In den britischen Medien mehren sich die Geschichten von Kaufenden mit sehr überraschten Gesichtern, die für Waren aus Europa / und oder über Amazon (die Zentrale befindet sich in Luxembourg) extra geschröpft wurden. Alle Einfuhren, auch private, auch gebrauchte Güter, die über einem Wert von 39 Pfund liegen, müssen in den UK mit MwSt. versteuert werden. Ab 139 Pfund (oder so) können weitere Abgaben hinzukommen. Für die Einfuhr muss jedes dieser ausländischen Unternehmen bei der englischen Steuerbehörde gemeldet sein. Viele kleine Unternehmen liefern daher im Moment nicht nach den UK. Katastrophe? Nicht wirklich, aber ein Rückschritt mindestens in die 50er Jahre.

Wenn man in der EU lebt, fällt das gar nicht mehr auf, doch für viele Menschen auf der Welt sind heute noch Gebühren Alltag, wie ich aus meiner Zeit im Sportartikelverkauf weiß: die Schwizerischen nehmen sogar Briefadressen in Deutschland oder Frankreich an, damit sie Internetzöllen der Schweiz entgehen können. Persönlich darf man nämlich wertvollere Güter mit sich führen als man online gebührenfrei erwerben darf. Oder: Die kanarischen Inseln sind Mehrwertsteuerfrei, zumindest teilweise. Dennoch werden bei Einkäufen u.U. Zollgebühren fällig, die im Hafen entrichtet werden müssen. Das traf selbst Einwohnende manchmal unvorbereitet, wenn sie ihr Fußballtor auslösen mussten.
Die Höhe dieser Zollgebühren ist tatsächlich, das zeigen auch die Beispiele aus den UK, von LaiInnen nicht vorher berechenbar bzw. einsehbar. Es hängt davon ab, oder scheint davon abzuhängen, ob das Produkt wirklich in dem Land produziert worden ist, aus dem es geschickt wird, welches Material, welche Zollklasse ? Und das im 21. Jahrhundert, das ist schwach.

Die UK scheinen sich also wie die Schweiz zu verhalten: Warenabkommen, keine der so genannten Tarife, doch von frei kann irgendwie keine Rede sein.

Wenn man dazuzieht, dass das Porto nach hüben und drüben exorbitant gestiegen sind, verzichten wir lieber auf Post. Ein bisschen eine Trotzreaktion, aber man will nicht, dass jemand so viel Porto bezahlen muss.

Im Januar hatten wir naiv Hosen bei einem Bioanbieter in Deutschland bestellt. Das Päckchen kam an. Ohne Probleme. Wie haben einfach Glück gehabt, oder es lag an der Produktion in Europa? Kleidung an sich ist nämlich nicht zollfrei. Wenn man so verunsichert wird, kauft man lieber woanders ein. Oder gar nicht, man soll sowieso nicht so viel konsumieren.

dA segeln wir lieber um die Welt

Ich verfolge kaum Sport, kann gerade mal ein paar Wimbledonsiegende nennen oder weiß, dass jemand namens Franz Klammer mal ganz groß im Skirennen war, doch im Selbsttest festgestellt: für einen Lockdown ist ein lang andauerndes Sportereignis die beste Medizin. Glücklicherweise wird alle vier Jahre die Vendée Globe ausgetragen, das härteste Segelrennen der Welt, das nicht nur um die gesamte Welt geht, sondern das alleine gesegelt werden muss, ohne Zwischenstopp, Motor oder materieller Hilfe von außen. (Rücksprachen mit dem Team daheim sind erlaubt. )

Die ersten Finalisten sind nach über 80 Tagen wieder in Frankreich, wo es losging, eingetroffen. Die “Schlussgruppe hangelt” sich noch an der Küste Südamerikas hoch, bis zu Tausende von Seemeilen entfert. Das macht aber nichts, bei dieser Tour ist der Spruch vom “Dabeisein ist alles” endlich einmal gerechtfertigt, es ist eine übermenschliche Anstrengung, auch mit modernen Booten, die Einsamkeit zu ertragen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und auch das nötige Quentchen Glück zu haben, nicht zu havarieren und aufgeben zu müssen.

An Drama ist die Vendée nicht zu überbieten, man wird hineingezogen und fiebert mit. Trotz Autopilot besteht so eine Segeltour nicht aus in der Sonne liegen oder ein gutes Buch lesen. Der Alltag ist sehr anstrengend. Hauptsächlich wird das Boot gepflegt und instandgesetzt. Da wurden Segel geflickt, auf 18 Meter hohe Masten geklettert, da wurde geklebt, geharzt, geschweißt! Rohre wurden zweckentfremdet, um anderes Material zu ergänzen, da Computer und Süßwasserproduzierer repariert.

Dazwischen ist manchmal Zeit ein Video von begleitenden Albatrossen an die Fans zuhause zu schicken und wer keine Lust auf ständig Tütenfutter hat, hat sich einen Brenner aufs Boot setzen lassen, um auch mal ein Ei zu kochen. Von diesen weltbesten Segelnden kann man lernen, nicht immer zu jammern, das hilft ihnen nämlich nichts, also zeigen sie zwar schon mal ihren Frust, dann wird wieder angepackt.

Eine Rekordanzahl von 33 Booten ist angetreten, Stand heute: 10 sind ins Ziel, 8 mussten vorzeitig aufgeben. So musste sich ein Segler von drei Kameraden aus dem Wasser ziehen lassen, als sein Boot in rauher See entzweigebrochen war, eine französisch-deutsche Seglerin schlich mit gebrochenen Kiel ganz langsam in die Sicherheit eines Hafens nach Brasilien und für einen Teilnehmer gab es schon nach einer Woche eine Beschädigung am Boot, der den Traum von der Weltumseglung nach vier Jahren Vorbeitung frühzeitig beendete.

Fußnote 1: Segeln. Kein Motorengeräusch, kein geschwätzigen Mitreisenden, idyllisch, oder? Leider nicht, der Wind und das fast andauernde Reiten auf den Wellen (oder wie man das nennt) sind richtig laut. Wegen des Lärms haben sich alle mit Ohrstöpseln eingedeckt, damit sie auch mal abschalten können.

Fußnote 2: in dieser Auflage des Rennens nahm zum ersten Mal ein deutscher Skipper teil und wurde sogar, trotz der Kollision mit einem Fischerboot auf den buchstäblich letzten Meilen, das ihn ins Ziel “humpeln” ließ, fünfter.

Wetterfühlig

Plymouth hat einen feisten Wintersturm gut überstanden und uns dazu warmes Wetter beschert. So weit alles normal.
Derweil sah es in Tattenhall, West Cheshire, diese Woche nicht so rosig aus. Sturm Christoph hat unser altes Heimatdorf erwischt und das, obwohl alle Radfahrenden wissen, dass man, fast egal aus welcher Richtung man kommt, man aufwärts nach Tattenhall hineinfährt. Schnaufen auf den letzten Metern (oder Yards, wie man hier sagt). Tattenhall liegt eigentlich auf einer minimalen Anhöhe. Das hat dieses Mal nicht gereicht, der halbe Ort stand unter Wasser, alle Straßen gesperrt und einige Leute (ein paar davon kennen wir, die sind jetzt noch am Putzen) hatten Wasser 20 cm hoch im Erdgeschoss stehen.

Am tiefsten Punkt des Dorfes: hier stand vor Urzeiten eine Mühle. Am Mühlenbach. Warum heute in dieser Senke Häuser stehen, fragt man sich?

Gut, dass fast niemand Keller hat! Am Ende der Sintflut fing es dann wie zum Hohn noch an zu schneien, doch niemand scheint verletzt worden zu sein.

Ich erinnere mich an den Maitag 2013, als wir nach Tattenhall gezogen sind. Es goss wie aus Eimern, ununterbrochen, und das Wasser kam auf der nahe gelegenen Hauptstraße aus den Gullies geschossen. “Oha,” dachte ich, “das wird ja lustig hier “. Doch so schlimm wurde seitdem nicht wieder. Bis jetzt.

Januarwarterei

Derweil sieht es in der Impferei relativ gut aus, man impft so vor sich hin und hört wenig von Missmanagement. Dennoch beruhigt es irgendwie, dass jetzt einer vom Militär den Verteilposten hat. Wer Kriege organisieren kann, sollte auch unfallfrei Impfdosen an SeniorInnen bringen können. Diese Dosen sind wie überall auf der Welt knapp, aber vorhanden. Man fängt sogar schon an, die über 70-Jährigen auf Stand-by zu trimmen, damit diese Altersgruppe nahtlos an die über 80-Jährigen anschließen kann. Ab dieser Gruppe wird es bestimmt mehr Leute geben, die lieber keine Impfung wollen oder noch nicht, und so wird sich das Netz für die anderen Impfwilligen weiter ausdehnen. Wäre schon mal wieder nett, anderen Menschen nicht mit Ansteckungsverdacht begegnen zu müssen.
Ein knappes Jahr ist es her, dass man dies tun konnte. Da freut man sich, wenn man im Allotment alleine, aber an der frischen Luft vor sich hin ackern kann.
Auch Schwimmen geht noch, zumindest, wenn die Luft so warm ist als das Wasser. So 10 Grad jeweils. Nicht gerade Eisschwimmen für die ganz Kernigen, aber weniger muss es für mich auch nicht sein.

brexit lässt grüssen?

Eine Brexitauswirkung? Französischer Käse ist in den Supermärkten nicht knapp geworden, Probleme gibt es im Moment hauptsächlich mit den Sonderregelungen, die Nordirland betreffen und mit dem Export fangfrischer Ware aus Schottland. Beide werden durch mehr und anderen Papierkram (Nordirland) und mehr Probenahmen (Schottland) extrem behindert. Warum man daran nicht gedacht hat (der Brexithandelvertrag wurde ja nicht innerhalb von 2 Wochen geschrieben, sondern innerhalb von 4 Jahren, da hätte man unstrittige Punkte, wo es nur um die Verfahren geht, längst überlegt und mit Sinn und Verstand lösen können). Betrifft uns hier im Südwesten glücklicherweise nicht so sehr, ist jedoch mehr als schade für die Betroffenen.
Die Schottischen und die Nordirischen wussten schon, warum sie Remainer waren.

Da alles so lautlos läuft, war ich umso weniger auf das Verhalten meines uralten ebay-Kontos vorbereitet. Ab und zu verkaufe ich dort etwas, mit UK-Adresse und mit automatischen Pfundpreisen. Beim letzten Verkauf kam Mehrwertsteuer dazu. Da hat es noch nicht geklingelt. Jedoch durch den einen Kauf inspiriert stellte ich am selben Tag endlich unsere nicht mehr brauchbaren (da wir den Drucker gewechselt haben) Druckerpatronen ein. Die waren innerhalb einer Stunde verkauft und wieder, mit Mehrwertsteuer. Also musste ich mich doch bequemen, der Sache auf den Grund zu gehen. Nach einigem Hin und Her stellte sich heraus, ich habe zwar die UK Adresse, bin aber als Konto nie wirklich von der deutschen ebay-Seite, auf der ich es seinerzeit eröffnet hatte, herübergewandert. Zu dem Wechsel benötigte ich tatsächlich den KundInnendienst, der mir innerhalb eine Minute geholfen hat. Ich gehe davon aus, damit ist das erledigt. Als Beweis, ob das geholfen hat, sollte ich bald etwas Attraktives zum Verkauf anbieten.
So schleicht sich die neue Realität an uns heran.