Und da waren sie fort

… an den Strand. Es gibt Strand in Plymouth, aber da woanders noch mehr Strand bereit liegt, wurde es Zeit, endlich wieder nicht im eigenen Bett zu schlafen, sondern zu reisen. Die erste Hürde bestand darin, den Waschbeutel ganz unten aus dem Schrank zu fischen. Der war lange nicht gefragt gewesen. Aus den benötigten Gepäckstücken mussten erst die überzähligen Bettwäschestücke, die wir gerne Gästen anbieten, entfernt werden. Auch die, die Besuche, liegen noch in weiter Zukunft.

Wir sind nach Westen gefahren, so weit es eben geht, Land’s End in Cornwall.

Originaler Soundtrack.

Erster und letzter Pub im Land.

Quartier, 700 m runter zum Strand
Mediterraner Hausgarten mit Artischocken und Trockenpflanzen
Der entwas andere Laster: gefüllt mit Brieftauben, die offenbar zu einem Wettbewerb herkamen.
Wir sind durch spektakuläre Landschaften gewandert. Alternativ hätte man den ganzen Tag die anrollenden Wellen ansehen können. Spannendes Fernsehen ohne Sendeschluss.
Ein paar kleine Fischerboote gibt es auch.

Am letzten Morgen war die See rauh, selbst die 7 Uhr Morgensurfer waren nicht angetreten in Sennen Cove. Also bin ich auch nur bis in die Knie ins Wasser und bin spazieren gegangen. Ich hatte mich gewundert, warum kein Plastik am Strand lag (außer, was Leute so liegen lassen, alle diese Fitzelchen und Kleinteile von Eisverpackungen und Dosenringen etc., die sich aufsummieren). Das konnte doch nicht der einzige Strand der Welt ohne Plastikmüll sein, wenn es den schon auf Spitzbergen und in der Antarktis anspült? Nein, er war es nicht, es gab Müll. Heute war er da. Innerhalb weniger Minuten hatte ich u.a. eine spanische Wasserflasche, eine solche aus Frankreich, eine Margarinedose aus England und ein massives Stück Nylonseil aufgesammelt, das so groß war, dass ich hinter mir herziehen musste. Das wäre in x Trillionen Mikroplastikteile zerfallen, wie alles andere Plastik auch. Es ist ein massives Thema, man sollte die Augen davor nicht verschließen. Der Müll ist erst einmal in einer Mülltonne gelandet. Von dort kommt er auf eine Deponie. Das meiste davon wäre besser nie produziert worden.

Von einer Postkarte: Der Künstler hat das Lebensgefühl in Sennen Cove gut getroffen. Auf dem Strandabschnitt zwischen den Fahnen der Seenotrettung tummeln sich Surfer und Plantscher.
Gischt, Brandung, Felsen. So sieht das Ende der Welt aus.

Ohne Garten geht nicht

Auf der Heimreise noch schnell einen Süßwassersee umrundet – fast wie in Deutschland, einfach durch einen Wald gehen. Wald ist in England selten.

Und einen Garten besucht. Jeder Garten ist anders.

Die Bankfrauen

Nun, das ist ein Buch! (Links dazu unten.) Nicht von mir, sondern von meiner Freundin Regina Egger geschrieben. Ich war jedoch vorne mit dabei, mit Korrektur lesen, Besser-Wissen und Layouten. Internationale Zusammenarbeit vom Feinsten. Und genau darum geht es auch in diesem Buch.

Wen es interessiert, es sollte in jeder Buchhandlung über die ISBN erhältlich sein.
ISBN des eBuchs: 9783754125014
ISBN des gedruckten Buches: 9783754125793
Online geht es auch, in beiden Formen, z.B. bei epubli , wo wir das Ganze verlegt haben oder buecher.de.

Die Bankfrauen sind locker geschrieben, doch dicht im Inhalt. Selbst nach x-maligem Lesen bin ich immer noch begeistert.

Wie veröffentlicht man ein Buch?

Regina bat mich vor ein paar Jahren, über ihren Text drüberzuschauen. Nach einigen Korrekturen und Kapitelumstellungen, den üblichen Dingen also, war er eigentlich fertig. Der letzte Schritt, eine Veröffentlichung im Selbstverlag, fehlte. Und dann kam für Regina, wie man so sagt, “viel Leben” dazwischen. Nicht alles prima für sie, aber prima z.B. für Flüchtlinge, die 2015, in der großen Welle, in meiner Heimatstadt Freilassing aufgeschlagen sind. Regina lebte dort seit einiger Zeit und rief ein Sprach- und Begegnungscafé ins Leben, das zahlreichen deutschen und nichtdeutschen Menschen ermöglichte, erste Schritte aufeinander zuzugehen. Daraus sind langjährige Freundschaften entstanden, die es allen Seiten erleichtern, die neue Realität zu akzeptieren.

Der Text der Bankfrauen ruhte. Bis 2021! Da wurde er fertig geschmiedet und dieses Mal sollte er auch veröffentlicht werden. Absolutes Neuland für uns. Naja, ich war ja nur die Layouterin, nicht die Kreative, doch auch diese Aufgabe hat mich ein paar schlaflose Nächte gekostet. Ich habe mir das Programm Affinity Publisher gekauft. Eines von den professionellen Programmen, deren Bedienungsumgebung wie ein Raumschiffcockpit aussieht und mit dem man buchstäblich eine Hochglanzzeitschrift erstellen kann. Ich habe viele Stunden lang Lernvideos gekuckt, dann herumgespielt und dann wurde es ernst.

Den Text zu gestalten, war nicht so schwierig, aber der Umschlag, der soll ja gefallen. Aber lieber nichts zu Ausgefallenes, besser solide als verkrampft “künstlerisch”. Ich habe zahlreiche Coverversionen verschickt, für Regina zum Auswählen, in welche Richtung es weiter gehen könnte. Also Cover A, B, usw. Als es in die Feinheiten ging wie die Transparenz des Hintergrunds, Schattierung ja oder nein und Schriftgröße, gab es auch Untervorschläge wie Cover Ta, Tb.
T befindet sich ja schon ziemlich weit hinten im Alphabet, daran kann man erkennen, dass wir uns wirklich viel Mühe gegeben haben. Der Umschlag, den man hier sehen kann, trug ursprünglich die Nummer Wb.

Als das alles fertig war, also die Druckversion, musste das Meiste wieder gelöscht werden, denn für die eBuch Version darf man keine Seitenzahlen drin haben, keine Umschlagrückseite wird benötigt und keinerlei Verzierungen sind erlaubt. Ein richtiger Rückbau, macht einen traurig. Dazu ist das epub Format, so heißen die Dateien, umständlich in der Anfertigung, einer der Arbeiten, bei denen man meint, nicht atmen zu dürfen, damit einem die wenigen möglichen Formatierungen nicht auch noch zusammenbrechen. Oder zumindest hat man diesen Eindruck. Schlussendlich hat es aber gut funktioniert und erstickt bin ich auch nicht.

Regina hat auf den Knopf “Veröffentlichen” gedrückt und nun ist sie Autorin! Wie gut ist das denn.

P.S.: Ich weiß, dass im von mir verfassten Nachwort ein Tippfehler drin ist. Eigene Texte kann man nicht Korrektur lesen …

Wetterachterbahn

Seit Jahrzehnten, wenn nicht noch länger gab es keinen kälteren April oder nasseren Mai als 2021. Und diese Monate folgtem einem kalten, dürren März. Jedes Mal pünktlich zum nächsten oder übernächsten Mondwechsel folgte die nächste Großwetterlage und die hat es immer übertrieben. Unsere Juniprognose lautet nun recht trocken und mild. Für einen kleinen Sonnenbrand, mit dem niemand mehr gerechnet hätte, hat es auch schon gereicht. Das löst Glücksgefühle aus. Die Lungenflügel weiten sich beim erleichterten Aufatmen, in Gärten und Allotments werden die winzigen Pflänzchen gesucht, die überlebt haben, um ihnen im beginnenden Sonnenschein ein besseres Leben zu ermöglichen. Das im Idealfall in essbares Gemüse und pflückbare Blumen mündet. Im nicht so idealen Fall hat man wenigstens den Schnecken eine Freude gemacht.

Unterwegs

Eine Wanderung im wunderschönen Dart-Tal bei Totnes zeigt, wie grün es endlich ist. Dennoch: noch sind nicht alle Bäume ausgeschlagen. Am 2. Juni!

Ein näherer Blick auf das Bild links oben in der Galerie zeigt zahlreiche Bäume, die noch kahl sind.

Süß

Ein neuer Geheimtipp? Kürzlich stieß ich im Netz, im englisch- und im deutschsprachigen, auf Löwenzahnhonig oder Löwenzahnsirup. Nie davon gehört, aber gleich die Lauscher gespitzt. Auf unserer Wanderung zeigten sich die meisten Löwenzahne schon verblüht, aber 30-40 Blüten bekommt an am Wegesrand doch schnell zusammen.

Blüten zupfen

Damit keine Bitterkeit durch den Löwenzahn in den Honig kommt, werden die Blüten aus den Blütenköpfen gezupft (geht schnell) und mit Wasser und Zitrone ziehen gelassen – eine Herstellung wie beim Holundersirup. Anschließend abseihen und mit viel Zucker aufkochen – fertig.

Sirup genießen

Es entsteht ein Sirup, das wie Honig aussieht und tatsächlich wie ein guter Honig schmeckt. Nächstes Mal nehmen wir weniger Zucker und mehr Blüten, der erste Versuch ist ein wenig süß geraten. Dennoch: ein Toptipp für den Frühling, Löwenzahn wird auch weiterhin genügend vorhanden sein.

Ein ganz normales Wochenende

Am Freitag fängt es mit Theater an. Am zweiten Tag, an dem das Theatre Royal Plymouth wieder Programm bietet, sind wir dabei. Ein Drittel Auslastung, Maske auch am Platz, zutiefst glückliche Mitarbeitende, die uns, das Publikum, zurück-begrüßen. Da man an Masken, Desinfizieren und Abstand halten gewöhnt ist, kommt einem das ganz normal vor. Normal 2.0 halt.
Als Jugendliche habe ich viele dieser dystopischen Science Fiction Geschichten gelesen. Diejenigen, in denen von der so genannten “Zivilisation” nicht grade viel übrig geblieben ist. Im Nachhinein betrachtet ein gutes Training dafür, auf die Bruchkanten im Lack der Selbstverständlichkeit zu schauen und nichts als gegeben anzunehmen. Bzw. sich immer wieder neu anzupassen.

Sprech-spuckende SchauspielerInnen waren im Theater übrigens auch kein Thema: das moderne Tanztheater aus London, die Truppe heißt Rambert, kam ohne Worte aus und war Weltklasse. Es war nicht nur befreiend, live Bewegung auf der Bühne zu sehen, sondern auch Qualität. In den einzelnen Stücken ging es nicht einmal direkt um Corona. Aber ich behaupte, nicht nur ich ließ im Kopf bei jeder getanzten Episoden Assoziationen mit meinem / unserem Leben der letzten Zeit mitlaufen. Alles ist verbunden. Die Zusehenden, die Musik, die Darbietung. Wir saßen alle im selben Boot.
Beim Hinausgehen bekamen wir ein Eis auf den Heimweg mitgegeben;-)

Singe, wem Gesang gegeben

Die Sache mit dem Singen, das ist ein rechtes Drama. Stichwort Aerosole. Letzten Montag sollte, neben weiteren Lockerungen, auch das Verbot von Chorgesang aufgehoben werden. Selbstverständlich mit gedeckelter Singendenanzahl, Hygienekonzept, viel Abstand und sehr gut belüfteten Räumen.
Doch über Nacht hat die Regierung es sich anders überlegt. Am Dienstag Morgen wurden alle Erleichterungen des Montags bestätigt, nur die Erlaubnis zu singen wurde zurückgenommen. D.h. einige Chöre haben am Montag Abend Probe gehabt, mit Schwung und guter Laune, denn das ist es, was Singen schafft, und sind am Dienstag zu einer Katerstimmung aufgewacht. Begründung der Regierung: keine. Außer: wir wissen schon, was wir tun, aber relevante Daten geben wir euch keine. Wir sind die Regierung, ihr seid nur das Volk.
Nun sind Chöre nicht bekannt dafür, dass sie besonders politisch wären, oder sich ins Tagesgeschehen einmischen. Trotzdem es ein geräuschvolles Hobby ist, fallen SängerInnen weniger auf als Fußballfans. Doch dieses Mal hatten sie genug. Über 2 Millionen! Menschen singen in England und die sind wirklich wütend. Es gibt Petitionen, Radiosendungen, WissenschaftlerInnen fordern die Herausgabe der “Wissenschaft”, die belegen soll, dass es gefährlicher ist, gemeinsam in einem Riesenraum mit offenen Fenstern zu singen als sich mit 5 Kumpels in der Kneipe zu treffen (irgendwie wieder erlaubt) und betrunken zu grölen. Natürlich sind Aerosole weiterhin ein wichtiges Thema. Doch die Regierung mauert, wahrscheinlich deshalb, weil es keine neuen Erkenntnisse gibt, die Singen zum Volksfeind Nummer 1 erklären könnte.
Das Pikante daran: professionelle Chöre dürfen üben. Was dazu geführt hat, dass ein sehr bekannter Chor, der gerade den Messias einübt, seinen AmateuerInnenteil mitüben lässt. Mit der Begründung, die Damen und Herren befänden sich bei den Profis in sicheren Händen. Clever!

Es ist unwahrscheinlich, dass diese Ungleichbehandlung eine Revolution auslösen wird, aber ein paar Stimmen weniger für die Konservativen bei den nächsten Wahlen wäre gerechtfertigt. Mein Barbershopchor trifft sich zufällig an Montagen, doch wir hatten noch kein Treffen vereinbart. Wir haben jedoch flugs angefangen, uns zu Sechst in Wohnzimmern zu treffen und gemeinsam zu üben. Es hilft, dass die Meisten sogar 2x geimpft sind. Dennoch ist es verwunderlich, dass sich Menschen, die sich das letzte Jahr teilweise schon überängstlich versteckt hielten, nun wieder Fremde in der eigenen Wohnung empfangen und sich offenbar wirklich wohl damit fühlen. Bei der Impfrate ist es einfach an der Zeit, sich wieder ein entspannteres Leben zurückzuerobern.

Neben dem eigenen Chor gibt es ein weiteres Projekt, das auf gemeinsames Singen angewiesen ist, und das stand auf einmal wieder auf tönernen Füßen: Mayflower 400.

2020 jährte sich zum 400. Mal der Aufbruch der Mayflower von Plymouth nach den heutigen USA. Es war nicht die erste Siedlung des weißen Mannes auf dem Kontinent, doch die erste nachhaltig erfolgreiche und wurde dadurch ein Symbol für die Besiedlung einer, von Europa aus gesehenen, Neuen Welt. Seitdem ist viel passiert. Wolkenkratzer, Völkermord, Wohlstand für viele, Sklaverei, Schutz für Verfolgte, Rassismus. Starker Handel, Innovation, eine merkwürdige Form von Demokratie. Die Liste ist endlos und komplex. Plymouth plante 2020 ein großes kulturelles Event an der Waterkant, doch das fiel aus. Nun wird es stattfinden. Seit Monaten probte der Erwachsenenprojektchor auf Zoom. Ich mitten dabei als ein Alt 2. Dieses Wochenende sollte für eine beschränkte Anzahl die erste gemeinsame Probe in einer Halle stattfinden. Und musste gestrichen werden.

Bei einem neues, erst für diesen Anlass komponiertes Stück, vielstimmig, mit Orchester, von AmateurInnen gesungen, eine Katastrophe. Die Aufführung soll am 11. Juli stattfinden und wir hatten uns noch nie gegenseitig gehört. Der Dirigent hat uns noch nie gehört!

Ich kann sagen, die Veranstalter gaben nicht auf und suchten fieberhaft nach Lösungen. Die Rettung nahte in Gestalt des örtlichen Fußballvereins, der ein zentral gelegenes, überschaubares Stadion besitzt. Er stellt seine Ränge zur Verfügung. Sehr innovativ.
Am Samstag und am Sonntag stand ich dann mit etwa 100 anderen Singenden auf der überdachten Tribüne und doch draußen.

Dem Chorleiter standen fast die Tränen in den Augen …
Und ganz schlecht klangen wir anscheinend auch nicht.

Überdies habe ich am Sonntagmorgen des Sonntag mit 4 weiteren Leuten zum Sonntagsgottesdienst geläutet. Zum ersten Mal seit 14 Monaten, von einem kurzen Intervall letzten Sommer abgesehen. Sonntagsläuten gehörte die letzten 5-6 Jahre zu meinem Alltag. Tut gut, dass es nicht totzukriegen ist.