Zwei Tage Cardiff

Gastbeitrag von Klaus

Cardiff, zirka 350.000 Einwohner, ist walisische Landeshauptstadt und liegt im Süden von Wales an der Mündung des Severn in die Keltische See bzw. den Bristol-Kanal.

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Blick auf die Severn-Mündung, Cardiff Bay

An einem Freitag habe ich mich in der Früh’ ins Auto gesetzt und bin südwärts zum Bahnhof von Whitchurch in Shropshire gefahren. Eine halbe Stunde später saß ich im Zug nach Cardiff. Nach einmal Umsteigen und zweieinhalb Stunden Fahrt traf ich am Cardiff Central ein.

Die Ausschilderung des Weges zur Tourist Information war perfekt. Allein(!) – die Tourist Information gibt es an der angegebenen Stelle gar nicht mehr, dafür nicht weit davon das Stadtmuseum, wo man mich mit einem Stadtplan ausstattete und mit der Nachricht, die Tourist Information befinde sich jetzt an der südlichen Wasserkante, der Cardiff Bay.

Dort wollte ich ja sowieso hin. Denn dort befindet sich das stattliche Opernhaus, für dessen Abendvorstellung ich bereits ein Ticket hatte. Zuvor allerdings erkundete ich die Innenstadt. Besonders beeindruckend der Gewürz- und der Fischstand in der Markthalle. (Wer mich kennt, weiß, dass eine Örtlichkeit mit gut sortiertem Fischangebot allein deshalb zum Favoriten wird. Wenn außerdem die Möglichkeit besteht, zwischen zehn Chili-Sorten zu wählen, umso besser.)

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Das walisische Landesparlament.

Obwohl mein Bahnticket bis Cardiff Bay gültig war, wählte ich des Urlaubers Freude wegen das Wassertaxi auf dem Fluss Taff. Auf den ersten Blick ist Cardiff Bay eine Amüsiermeile. Der zweite Blick ändert an diesem Eindruck nicht viel. Attraktionen sind die Norwegische Kirche, die Taufstätte Roald Dahls, des berühmten Sohnes der Stadt und Kinderbuchautors, dessen Name einem in Cardiff auf Schritt und Tritt begegnet, die permanente Ausstellung zur BBC-TV-Science Fiction-Serie Dr. Who, und natürlich das Wales Millenium Centre, welches die Oper beherbergt.

Wahrscheinlich ergeht es den Leserinnen und Lesern dieses Blogs so wie dem französischen Touristenpaar im Foyer von Dr. Who. Sie kannten (natürlich) diese TV-Serie nicht und boten damit dem jungen Mann an der Kasse Gelegenheit, Dr. Who zu erklären. Offensichtlich war er damit in seinem Element, zum Beispiel mit der Verdeutlichung des Unterschieds zwischen Star Trek, das die beiden Franzosen wohl kannten, und Dr. Who. (Ich habe mir die Ausstellung nicht angesehen.)

Anmerkung Barbara: Dr. Who ist eine seit Jahrzehnten laufende Serie um einen Außerirdischen, der viele Leben hat (dadurch konnten ihn bereits viele Schauspieler verkörpern, wir sind bei Dr. Nummer 12), durch Zeit und Raum reist und gegen das Böse kämpft. Er hat wechselnde  Abenteuergefährtinnen, die er auf der Erde kennen lernt. Sein “Raumschiff” ist eine blaue Polizeinotrufbox (innen größer als von außen ersichtlich), die man sich ähnlich wie eine Telefonzelle, nur blau und ohne Fenster vorstellen kann. Jeden Winter freuen sich Generationen von Fans, Kinder, deren Eltern und Großeltern und auch ich auf die neuesten Folgen.

img_0704Wandgemälde im Wales Millennium Center, das die Oper beherbergt

Abends in der Oper die große Überraschung: Obwohl das aufgeführte Stück sowohl modern als auch ziemlich = sehr unbekannt ist, war das Publikum so zahlreich wie auch verständig. Der Komponist heißt André Tchaikowsky, 1935 als Robert Andrzej Krauthammer geboren, dem Warschauer Ghetto entkommen und 1982 in Oxford gestorben. Bis auf die Orchestrierung der letzten 28 Takte konnte er seine Oper The Merchant of Venice (Der Kaufmann von Venedig) nach dem Bühnenstück von William Shakespeare noch vollenden. Uraufgeführt wurde das Werk allerdings erst 2013 bei den Bregenzer Festspielen. Es war wohl auch diese Produktion, die in Cardiff gegeben wurde und die ich sehr beeindruckend fand.

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Anglikanische Kathedrale, Cardiff

Der zweite Besuchstag führte mich zurück in die Innenstadt und einen weiteren Stadtteil, war ausgefüllt mit Besichtigungen zweier Kathedralen (römisch katholisch und anglikanisch) sowie des Nationalmuseums. (Die riesige Burganlage habe ich nicht mehr „geschafft“.) Er endete mit einer weiteren sehr erfreulichen Überraschung:

Mein für die Rückfahrt (ohne Umsteigen) gebuchter Schnellzug fiel aus. Eine Stunde später ging ein Bummelzug mit Umsteigen. Am Umsteigebahnhof angekommen, sah ich als Erstes auf dem Bahnsteig die menschlich besetzte Fahrgastinformation. Ging also hinein und fragte nach dem nächsten Zug nach Whitchurch. Es war ca. 21 Uhr. Antwort: “22 Uhr 20“. “Das ist aber lang hin“, kommentierte ich. Und hinzugefügt habe ich die Bemerkung, dass ich ja bereits in Cardiff eine Stunde gewartet und dann auch noch einen langsameren Zug nehmen musste. (Ich habe das „nur so“ erzählt, keinesfalls im Beschwerdeton.) Der “Beamte” benötigte ein wenig Zeit, um sich online bestätigen zu lassen, was ich ihm berichtet hatte, dass nämlich der erste Zug ausgefallen war. Als ihm dies gelungen war, bat er mich, ein wenig zu warten, er müsse telefonieren. Ein Ticket von mir wollte er nicht sehen, geschweige denn eine Reservierung. Dann ging er raus mit mir zum Taxistand und bat den nächstbesten Chauffeur, mich die 32 Kilometer nach Whitchurch zu fahren – free of charge (= für mich kostenlos). Die Bahngesellschaft heißt Arriva. Vielleicht entschließt sich die Deutsche Bahn AG ja, künftig bei Arriva Managementkurse zu buchen.