Perspektivenwechsel II

In Cornwall und in Devon ist die Küste voller Buchten, sandig, kiesig oder felsig. Manche sind nur bei Ebbe ratsam zu besuchen, manche laden bei jeder Tidenlage zum Verweilen ein. Dort ist die See leerer als in der Stadt, weniger Boote, mehr Horizont.

Da ist diese Bucht Broadsands (früher schon erwähnt) nahe Paignton (Stichwort: englische Riviera, Devon), sehr einladend, sehr nett von der Landseite.

Vom Wasser wird die Küste zum Panorama, in der eine Eisenbahn fährt. Es ist eine alte, nicht elektrifizierte Linie, die es eigentlich nicht mehr geben dürfte, da sie in den 60ern stillgelegt wurde. Privat-Öffentliche Vereinigungen haben dies nicht hingenommen, sondern die ganzen Jahrzehnte hindurch weiterhin eine Art Betrieb aufrecht erhalten. Die Verwaltung dieser Nebenlinie greift dafür nicht, wie oft bei den Museumsbahnen, auf Freiwillige zurück, sondern bezahlt die Mitarbeitenden, es ist Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Entstanden ist eine Mischung aus Touriattraktion und Personen- Gütertransport. Von der Wasserseite aus fügen sich die Bruchstücke der zerklüfteten Küste zusammen. Von rechts schnauft eine Dampflook mit anhängendem Zug heran. Fährt über eine Brücke und verschwindet hinter dem nächsten Hügel. Man hört sie immer noch, sieht vielleicht ein Rauchwölkchen und dann puff-pufft die Bahn über den schönen alten Viadukt. Als säße man mitten in einer Modelleisenbahnlandschaft. Lummerland ist nichts dagegen.

Da sich Meerwasser oder jedes Wasser schlecht mit Kameras verträgt, keine Seeseitenbilder, nur ein paar kopierte Werbebilder von Land aus.

400 Jahre Mayflower

2020 jährt sich die Reise des PilgerInschiffes Mayflower zum 400sten Mal, mit dem, historisch nicht korrekt, doch mythenwirksam, die Besiedelung des nordamerikanischen Kontinents durch Weiße begann. Als die Leute aufbrachen, dachten sie vermutlich nicht daran, diesen erstaunlichen Stellenwert in der Geschichte einzunehmen.

2020 sollte also ein Jahr der Erinnerung, der Feier werden. Entgegen vergangener Jubiläen auch mit der nötigen Feinfühligkeit, wer da wo was gemacht hat und welche Folgen es für wen und was hatte.
Durch Corona wurden die Pläne arg durcheinandergewirbelt. So findet im Stadtmuseum erst jetzt im Herbst eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit den einheimischen Stämmen statt, die damals an der Ostküste gelebt haben. Weitere Veranstaltungen wurden neu angesetzt und finden hoffentlich bis Mitte 2021 statt.

Mit der nötigen Distanz kann man mühelos jetzt schon die beiden Kunstwerke betrachten, die am Hafen aufgetaucht sind. Eines von lokalen Kunstschaffenden, eines von dem international bekannten Künstler Antony Gormley.

Zuerst Speedwell (gute Fahrt) von Still/Moving, einer Kunstgruppe. Lichtkunst auf dem Mount Batten Wellenbrecher (Osthafen), von der Stadt aus gut einsichtig. Das Werk aus LED Leuchten drängt sich nicht auf, sehr zurückgenommen, es sind schlichte weiße Leuchtkörper vor dem seegrauen Hintergrund. Es ist eine Art Wortspiel, das zum Nachdenken anregen soll. Die Leuchten bilden die Worte: NO NEW WORLDS (keine neuen Welten). Durch An- und Abschalten einzelner Buchstaben entstehen weitere Kombinationen, etwa NO, NO NEWS, NO WORLD, NEW WORLDS.


Das neueste Kunstwerk ist von Antony Gormley: LOOK II (Schau II), auf der Westseite.

Die vage menschliche Figur besteht aus rechteckigen Blöcken wie Container, die für den internationalen Warenverkehr benutzt werden. Von ferne sieht die massive Figur aus wie gepixelt, wie ein Wartender, ein Denkender, ein Schauender, ein Abreisender? Freie Assoziation ist erwünscht. Außerdem wird es eine Ausstellung dazu und zu anderem im Stadtmuseum geben.

Der Standort ist nicht zufällig ausgewählt. Die Mayflower legte zwar vom Osthafen ab, doch hier am Westpier legte Sir Francis Chichester, der Welt erster Weltumsegler als Einhandsegler (alleine auf dem Boot) nach seiner Weltumsegelung an. Chichester segelte nicht nur um die Welt, sondern sogar in unser Englischbuch im Deutschland der frühen 80er Jahre.